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Aus: Ausgabe vom 13.11.2025, Seite 3 / Inland
Vor dem Berliner Linke-Parteitag

Wohin steuert die Berliner Linke in der Palästina-Frage?

Berlin: BDS-Befürworter bringen Anträge für Parteitag ein. Landesverband gehört auch ihnen, betont Nina Pietropoli
Interview: Susann Witt-Stahl
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Anhänger der Partei Die Linke fordern bei der palästinasolidarischen Demonstration in Berlin von der Bundesregierung das Ende von Waffenexporten nach Israel (27.9.2025)

Sie sprechen mit Ihren Nahost­anträgen alte Streitpunkte für den bevorstehenden Landesparteitag von Die Linke Berlin an. Das gilt vor allem für die Forderung nach »Entkriminalisierung« der palästinasolidarischen Kampagne »Boycott, Divestment and Sanctions«, kurz BDS. Warum zu diesem Zeitpunkt?

Unser Antrag ist keine Provokation, sondern der nächste logische Schritt. Nachdem wir uns im Mai 2025 als Partei zur Jerusalem Declaration on Antisemitism, kurz JDA, bekannt und im September die größte palästinasolidarische Demonstration der deutschen Geschichte mitorganisiert haben, müssen wir nun auch über konkrete Maßnahmen sprechen, die Israel bewegen, Apartheid, Besatzung und Genozid zu beenden. Die JDA betont, dass BDS gängige gewaltfreie Formen des politischen Protests anwendet. Als größte zivilgesellschaftliche Kampagne Palästinas wird sie von vielen progressiven israelischen und jüdischen Stimmen weltweit unterstützt. Die Forderungen von BDS, wie das Rückkehrrecht für palästinensische Geflüchtete und gleiche Rechte für alle, sind im internationalen Recht verankert. Die deutsche Regierung, zahlreiche Unternehmen und Institutionen unterstützen Israel durch materielle und ideelle Kooperationen. Deshalb braucht es zivilen Druck von unten, der nicht durch konstruierte Antisemitismusvorwürfe kriminalisiert wird.

Inwiefern ist die aktive BDS-Unterstützung »Aufgabe sozialistischer Parteien«, wie in Ihren Anträgen zu lesen ist?

Seit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht haben sich sozialistische Parteien nie auf soziale Fragen wie Löhne und Mieten beschränkt. Es ging ganz zentral auch immer um Krieg und Frieden. BDS beleuchtet die Frage, wer Produktion, Logistik und Märkte kontrolliert und von Krieg und Ausbeutung profitiert. Wenn ein Staat seine Gewalt einsetzt, um ein Volk zu enteignen, auszuhungern und zu ermorden, müssen sozialistische Kräfte handeln. Dabei müssen die ökonomischen und ideologischen Verflechtungen sowie die geopolitischen Interessen erkannt werden, die es Israel ermöglichen, einen »Genozid im Livestream« durchzuführen und fortlaufend seine Nachbarn zu bombardieren. Solidarität muss uns etwas kosten, sonst bleibt sie Gefühlsduselei und Symbolpolitik.

Welchen Sinn ergeben Forderungen wie »Sanktionen und ein Waffenembargo gegen Israel« auf Landesebene?

Während Israel einen Genozid begeht, liefert die Bundesregierung Waffen unter anderem von Rheinmetall in Berlin. Der Axel-Springer-Konzern profitiert über die Tochterfirma Yad 2 vom Verkauf von Immobilien, die auf gestohlenem palästinensischem Land in der Westbank stehen. Die EU unterstützt Israel über das »Horizon«-Programm in Milliardenhöhe, wodurch auch Berliner Universitäten mit Israels militärisch-industriellen Komplex verwoben sind. Es ist sinnvoll, am eigenen Standort zu untersuchen, wie sich unsere Komplizenschaft mit dem Genozid in Gaza materialisiert.

Die Linke ist bereits 2008 von Gregor Gysi auf die deutsche Staatsräson der »Israel-Solidarität« eingeschworen worden, 2011 hat sie BDS und die Gaza-Flottille als »rechtsextremistisch« eingestuft. Der rechte Parteiflügel füttert jetzt schon eifrig die These des Medienestablishments, Ihre Nahostanträge hätten »den nächsten Anti-Israel-Eklat« produziert. Müsste nicht erst einmal grundsätzlich um einen Kurs wieder nach antiimperialistischem und sozialistischem Kompass gerungen werden, damit Ihr Vorstoß nachhaltig wirken kann?

Seit zwei Jahren steckt Die Linke in einem intensiven Prozess der Neuorientierung. Einige Parteiaustritte und zahlreiche -eintritte sind Ausdruck des Wandels. Wir kämpfen dafür, dass dies auch bedeutet, sich wieder stärker auf die internationalistischen Wurzeln der Partei zu besinnen, über nationale Grenzen hinauszudenken und globale Zusammenhänge zu verstehen. Und es bewegt sich etwas. Wir als Berliner LAG Palästina-Solidarität stehen längst nicht mehr allein da. Bis heute sind in ganz Deutschland elf LAGs entstanden, die mit uns gemeinsam die Partei von links beleben. Diese Partei gehört auch uns!

Nina Pietropoli ist Mitglied im Koordinierungskreis der Landesarbeitsgemeinschaft Palästinasolidarität von Die Linke Berlin

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  • Leserbrief von Rayan aus Unterschleißheim (13. November 2025 um 12:48 Uhr)
    Oh, endlich mal Good News von und zur Linkspartei … ich weiß gar nicht, wie viele Jahre es her ist, dass ich – bis auf Einzelstimmen zu Einzelthemen – mal was wirklich positives zur Linkspartei gelesen habe. Sonst fast immer nur reformistische oder schlimmere Gruseleien, die das Wesen der Partei als Zombiekind des SPD-Zombies offenbarten. Wär wirklich sehr schön, wenn die Gruppierungen, die Nina Pietropoli im Interview erwähnt, erfolgreich sind und sich die Partei zurückholen können. Das ließe sich dann sogar mit der Nationalhymne der DDR feiern: »Auferstanden aus Ruinen …«

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