Gegründet 1947 Dienstag, 23. Dezember 2025, Nr. 298
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Aus: Ausgabe vom 08.11.2025, Seite 2 / Ansichten

Das Stadtbild von Damaskus

Nach Wadephuls Äußerungen zu Syrien rauscht der Blätterwald
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Da lässt sich vielleicht schlichten. Es muss zwei Syrien geben. Eines, von dem Kanzler Merz meint: »Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland, und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen.« Und eins, über das Außenminister Wadephul sagt, dass dort »kaum Menschen richtig würdig leben« können. Bei derart divergierenden Wahrnehmungen bleibt die Erklärung der zwei Syrien die einzig mögliche, denn andernfalls müsste man annehmen, dass die Bundesrepublik von mindestens einem Politiker regiert wird, der nicht Herr seiner Sinne ist.

Die Wut, die Wadephul in der eigenen Partei ausgelöst hat, beschäftigt den Münchener Merkur, dem Heidi Reichinek folgende Antwort gibt: »Es gab in den vergangenen Wochen Massaker an der Zivilbevölkerung, an denen regierungsnahe Militäreinheiten beteiligt waren, sowie massenhafte Verschleppungen von Frauen. Das bestätigt auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages.« So zeige sich die Bereitschaft der Union, »jeden humanitären Anspruch auszublenden«. Der Imperativ ist dem Indikativ sein Tod.

Auf X meldet sich Alice Weidel zu Wort. In Wadephuls Satz »Syrien sieht schlimmer aus als Deutschland 1945« wittert sie Vaterlandsverrat: »Ein respektloser Außenminister, der den Fleiß und die Aufopferung der Nachkriegsgenerationen mit Füßen tritt, die dieses Land wieder aufgebaut haben.« Lassen wir das ruhig sacken: Wer zwei vom Krieg gezeichnete Regionen vergleicht, tritt die am Wiederaufbau Beteiligten mit Füßen. Man stellt sich besser nicht zwischen Alice und ihr Wunderland.

Im Focus kommt der Rechtswissenschaftler Peter M. Huber zu Wort: »Wer geltend machen kann, dass er als Angehöriger einer Minderheit politisch verfolgt wird, dem steht das Asylrecht zu«, kritisiert er Merz’ farbenfrohe Zeichnung des Damaszener Stadtbilds. Und fügt hinzu: »Der Asylgrund besteht aber allein für politisch verfolgte Syrer.« Dass es nicht minder unmenschlich wäre, Menschen, die keine Verfolgung zu fürchten haben, in eine Region abzuschieben, in der die Grundversorgung stark beeinträchtigt ist, hätte dem Rechtswissenschaftler durchaus einfallen können.

Und während man in der FAZ Wadephul beispringt mit dem beschwichtigenden Hinweis, »dass auch der Außenminister nicht gegen Abschiebungen« sei, geht es unter dem zitierten Tweet von Alice Weidel ein wenig authentischer zu. »Syrer machen Urlaub in Syrien, das ist ok?? Aber abschieben geht nicht???« Wähler, die Weidel hat und Merz gern hätte, stellen sich vor. (fb)

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (8. November 2025 um 10:12 Uhr)
    Andererseits sollte natürlich auch bemerkt werden, wenn die etwa vier Millionen Auslandssyrer ihre »Heimat« fluten würden, nicht nur aus der BRD, würde nicht nur das Gesundheitssystem vieler westlicher Länder in der finalen Krise landen, sondern auch einen erneuten Regierungswechsel in Syrien wahrscheinlich werden lassen.
  • Leserbrief von Rayan aus Unterschleißheim (8. November 2025 um 05:06 Uhr)
    Auch aus dieser widerwärtigen Farce können wir lernen, dass selbst die ersten zwei Sätze des so genannten Grundgesetzes, des angeblich obersten Gesetzes des BRD-Staates nur geheuchelt und gelogen sind, mit der Praxis nichts zu tun haben: Der nur offiziell, nachweislich nicht in der praktischen Anwendung, für alles nachfolgende geltende Artikel 1, Absatz 1, Grundgesetz, beginnend mit: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt« ist daher offenbar nichts weiter als reine Propaganda, hinter der sich die tatsächlich herrschende, inhumane, kapitalistische Barbarei und Gewalt zu verstecken sucht. Shame on you! Schämt euch fett für eure verlogene, ekelerregende Heuchelei! Wenn der so genannte Verfassungsschutz, die BRD-Inlands-Stasi, nicht selbst Teil dieser gigantischen Heuchelei wäre, also tatsächlich die Verfassung und damit die angeblich gewünschte Verfasstheit des Staates statt der ausbeutenden und schmarotzenden Kapitalistenklasse schützen würde, hätten die Schlapphüte viel zu tun und müssten sofort bei Merz, Weidel und all den anderen offenen und larvierten (Prä- und Quasi-) Faschisten in Wirtschaft, Medien, Regierung und Politik anfangen, ihres Amtes zu walten. Wird nicht passieren, so lange wie wir die autoritär herrschende Kapitalistenklasse an der Macht, d.h. im Besitz unserer (!) Produktionsmittel, und ihre ausführenden Systemhuren in Amt und »Würden« der Verwaltung dieses barbarischen Dreckssystems belassen.

Regio:

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