Die Blockade bricht
Von Jörg Tiedjen
Es gibt gute und schlechte Nachrichten aus Mali. Zunächst eine gute: Am Montag ist den Streitkräften des westafrikanischen Landes anscheinend ein entscheidender Schlag gegen die terroristischen Gruppen gelungen, die seit September versuchen, die städtischen Zentren von der Versorgung mit Benzin und Diesel abzuschneiden. Laut der Infoseite Malijet konnte »dank präziser Luftbeobachtungen« in der Region Bougouni im Süden des Landes »ein Stützpunkt identifiziert werden, der den Angreifern als Hauptquartier diente«. Dieser sei im Rahmen einer »großangelegten Luft-Boden-Operation« von der Armee zerstört worden. Genauere Angaben über die Kämpfe wurden nicht gemacht. Durch Bougouni führt die Straßenverbindung ins benachbarte Côte d’Ivoire. Von dort bezieht Mali einen großen Teil seiner Kraftstoffe.
Lob für das Vorgehen der malischen Armee kam von überraschender Seite: Auf Facebook veröffentlichte die US-Botschaft in Bamako am Dienstag eine Stellungnahme aus dem Außenministerium in Washington, in der »den malischen Streitkräften für ihren erfolgreichen Kampf gegen die extremistischen islamistischen Kämpfer« gratuliert wird. Das State Department hoffe, wieder enger mit Mali »kooperieren« zu können, heißt es in der Mitteilung. In den vergangenen Jahren hatte Bamako sich eher vom Westen ab- und Russland zugewandt. Eine Woche zuvor hatten die Vereinigten Staaten ihre Staatsbürger noch aufgefordert, das Land »unverzüglich« auf dem Luftweg zu verlassen. Als Begründung wurden die »äußerst unvorhersehbare Sicherheitslage aufgrund des Zusammenbruchs der Transport- und Versorgungsinfrastruktur« und die »anhaltenden Kämpfe zwischen der malischen Armee und bewaffneten Gruppen« angeführt. Auch Deutschland hat eine vergleichbare Aufforderung veröffentlicht.
Tatsächlich bleibt die Lage dramatisch. Ebenfalls am Montag hat sich Malis Präsident Assimi Goïta, der zur Eröffnung der bereits zweiten Lithiumfabrik des Landes nach Bougouni gekommen war, erstmals überhaupt zur anhaltenden Treibstoffkrise im Land geäußert, wie Africa News am Mittwoch berichtete. Nach wie vor gebe es zahlreiche »Hinterhalte an den Straßen«, »Tankwagen geraten in Brand, wobei die Fahrer darin verbrennen«, sagte Goïta und forderte die Malier auf, ihren Treibstoffverbrauch zu reduzieren. Nach wie vor gibt es vor den Tankstellen in Bamako lange Schlangen von Wartenden. Auch ist ein Schwarzmarkt entstanden, auf dem Benzin und Diesel zu überhöhten Preisen feilgeboten werden. Die Regierung versucht dem entgegenzuwirken, indem sie zum Beispiel das Abfüllen und den Verkauf von Treibstoffen in Kanistern komplett verboten oder wie bei Diesel begrenzt hat. Auch Schulen wurden geschlossen, Medien berichten zudem von Stromausfällen. Mittelfristig versucht die Regierung, die Lage dadurch zu entschärfen, dass sie die Quellen für Kraftstoffe diversifiziert. Schon seit dem Frühjahr 2024 haben sich die Einfuhren aus dem Niger laut der Agentur Agence Ecofin vervielfacht. Mit dem Nachbarland und auch Burkina Faso ist Mali in der 2023 neu gegründeten »Allianz der Sahelstaaten« verbunden.
Entstanden ist die Notlage vor allem durch zwei Faktoren: Umsonst hat Bamako in den vergangenen Jahren versucht, die Kontrolle über seinen nördlichen Landesteil wiederzuerlangen, den Dschihadisten 2012 komplett übernommen hatten. Statt dessen konnte insbesondere die Al-Qaida-Gruppe Dschamaa Nusrat Al-Islam Wal-Muslimin (englische Abkürzung: JNIM) ihre Aktivitäten auch auf den Süden Malis ausweiten. Hinzu kommt ein bereits seit mehreren Jahren anhaltender Zwist mit dem Nachbarn Algerien. Bamako wirft Algier vor, mit den Dschihadisten und auch Tuareg-Separatisten zu kooperieren. Der Streit eskalierte, als die algerische Armee im Frühjahr eine malische Drohne abschoss. Bamako behauptet, Algier habe JNIM-Kämpfer um deren Anführer Iyad Ag Ghali beschützt, die über die Grenze fliehen wollten. Die Gegenseite wiederum gibt an, dass das Fluggerät in den eigenen Luftraum eingedrungen sei. Algerien war aber lange Zeit einer der größten Kraftstofflieferanten Malis.
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