Wie kann man sich der Aufrüstung widersetzen?
Interview: Hendrik Pachinger
Sie engagieren sich in der »Revolutionären Zukunft Stuttgart«. Ihre Mutterorganisation, die Organisierte Autonomie, ist auf Expansionskurs. In den vergangenen zwei Jahren gründeten sich neben einer Jugendorganisation auch Ableger in Stuttgart und Schwäbisch Gmünd. Nun ergänzen zwei weitere Jugendgruppen das Aufbauprojekt. Was ist die RZS?
Wir sind eine antikapitalistische, antifaschistische und kommunistische Jugendorganisation. Unser Ziel ist es, klassenkämpferische Inhalte verständlich und zugänglich zu machen – auch über »elitäre« linke Kreise hinaus. Wir greifen Themen auf, die viele junge Menschen beschäftigen, etwa die Diskussion um die Wehrpflicht, steigende Lebenshaltungskosten oder rassistische Polizeikontrollen. An diesen Themen setzen wir an, zeigen die Zusammenhänge mit dem kapitalistischen System auf und eröffnen gleichzeitig eine klassenkämpferische Perspektive auf eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg.
Substanzielle Teile der Jugend orientieren sich politisch nach rechts. Wie sind die bisherigen Reaktionen auf Ihre Jugendarbeit?
Unsere Treffen, Aktionen und Freizeitaktivitäten wurden bisher sehr gut angenommen. Viele Jugendliche, die zuvor keinen Zugang zu linken Inhalten hatten, finden bei uns erstmals die Möglichkeit, sich einzubringen. Jugendliche fühlen sich einsam und von Politik und Gesellschaft nicht gesehen. Sie sind auf der Suche nach Menschen, die sie ernst nehmen. Deshalb verbinden wir politische Arbeit bewusst mit gemeinsamen Aktivitäten wie Fußball spielen oder Filme schauen. Gerade in Städten wie Schwäbisch Gmünd, wo es abseits bürgerlicher und rechter Organisationen kaum Orientierungspunkte für Jugendliche gibt, war die Gründung der RZ ein wichtiger Schritt, um diese Lücke zu schließen.
Eine der Hauptsorgen vieler Jugendlicher dürfte die drohende Wehrpflicht sein. Diese wird in Ihrer neuen Kampagne »Ungehorsam jetzt« aufgegriffen.
Die Gesellschaft soll kriegstüchtig gemacht werden – und zwar in allen Bereichen. Damit einher geht Sozialabbau und die Rechtsentwicklung – die weit über die AfD hinausreicht. Wir sagen: Dem müssen wir gemeinsam unseren Ungehorsam entgegensetzen. Genau hier setzt die Kampagne an. Sie verbindet Kämpfe gegen Militarisierung, soziale Angriffe und die Rechtsentwicklung und zeigt, dass diese Entwicklungen Ausdruck des kapitalistischen Systems sind. Konkret organisieren wir und OA Gegeninformation und Veranstaltungen wie die Ungehorsam-jetzt-Konferenz am 6. Dezember in Nürnberg, aber auch Proteste – etwa gegen kommunale Kürzungen, gegen die Wehrpflicht oder gegen die Waffenmesse »Enforce Tac« in Nürnberg.
Wie kann Widerstand gegen die Aufrüstungs- und Wehrpflichtpläne organisiert werden?
Es gibt viele Gründe, um gegen die Aufrüstung zu sein – sei es die Angst, selbst an die Front zu müssen oder jeden Tag zu sehen, was Israel mit deutschen Waffen den Palästinensern antut. Diese Betroffenheit müssen wir nutzen und zeigen, dass sie Auswirkungen eines Systems sind, das Profite über Menschen stellt, dabei über Leichen geht und in Krisen auf Krieg setzt.
Gleichzeitig müssen wir eine konkrete Alternative vermitteln: eine solidarische, kommunistische Perspektive. Praktisch bedeutet das, Orientierung durch Diskussionen und Information zu geben und Jugendliche zu ermutigen, sich an Protesten zu beteiligen, eigenständig etwas auf die Beine zu stellen und sich zu organisieren.
Erste Schritte dieser Bewegung haben sich bereits am 3. Oktober gezeigt, als in Stuttgart über 15.000 Personen für den Frieden demonstriert haben. Welches Fazit haben Sie daraus gezogen?
Die Demo hat das Potential für eine Antikriegsbewegung deutlich gemacht. Gemeinsam mit Gruppen aus Süddeutschland konnten wir einen antikapitalistischen Block mit über 1.000 Menschen organisieren, der sich deutlich gegen Krieg, Sozialabbau und Rechtsentwicklung positioniert hat. Trotz dieser klaren Haltung war der Block auch für Menschen außerhalb der radikalen Linken anschlussfähig. Daran gilt es anzuknüpfen, indem wir das Klassenbewusstsein stärken, um der Bewegung eine Perspektive zu geben und der geplanten Kriegstüchtigkeit etwas entgegenzusetzen.
Leyla Demir spricht für die Revolutionäre Zukunft Stuttgart (RZS), die Jugendorganisation der Organisierten Autonomie
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