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Aus: Ausgabe vom 04.11.2025, Seite 5 / Inland
PCK Schwedt

Eigentümerrochade an der Oder

Wer übernimmt PCK Schwedt nach von USA ausgesetzten Sanktionen gegen Rosneft-Töchter?
Von Knut Mellenthin
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Wer hier künftig raffinieren wird, ist völlig offen – noch herrscht Gnadenfrist: Das PCK Schwedt

Urplötzlich wurde die größte Raffinerie Nordostdeutschlands am 1. Januar 2023 zum Sorgenkind:

Die Anweisung der Bundesregierung, absolut kein russisches Erdöl mehr zu verarbeiten, mit dem die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt jahrzehntelang zuverlässig und störungsfrei versorgt worden war, hat bis heute schwerwiegende Folgen. Am 22. Oktober kam in diesem Jahr ein existenzbedrohendes Problem hinzu. Das für Sanktionen zuständige Office of Foreign Assets Control (OFAC) im US-Finanzministerium setzte die russischen Konzerne Rosneft und Lukoil auf seine schwarze Liste. Betroffen sind auch Unternehmen, an denen die beiden Energiegiganten direkt oder indirekt mit 50 Prozent oder mehr beteiligt sind. PCK Schwedt ist zu 54 Prozent im Besitz der Rosneft-Töchter Rosneft Deutschland und RN Marketing and Trading. Wer mit ihnen weiterhin Geschäfte irgendeiner Art macht, muss mit erheblichen Nachteilen auf dem Finanz- und Wirtschaftsmarkt der USA rechnen. Ob das grundsätzlich legal ist, ist zweifelhaft. Nach Ansicht vieler Staaten verstößt diese Art von Maßnahmen, sofern sie nicht von der UNO beschlossen werden, gegen internationales Recht.

Am Mittwoch voriger Woche hat das OFAC nun den beiden Rosneft-Töchtern eine sogenannte Generallizenz ausgestellt, die ihnen bis zum 29. April nächsten Jahres alle Transaktionen erlaubt, die nach der Anordnung vom 22. Oktober verboten sind – sofern daran keine Beteiligten involviert sind, die persönlich unter die Sanktionen fallen. Das Dokument gibt für die Gewährung dieser Ausnahmegenehmigung, die als Bevorzugung gegenüber anderen Unternehmen anzusehen ist, keine Form von Begründung an. Offen bleibt außerdem, ob es sich nur um eine einmalige, von vornherein definitiv befristete, vielleicht sogar an abgesprochene Bedingungen geknüpfte Entscheidung handelt oder ob über eine Verlängerung der Lizenz verhandelt werden kann.

Zu diesen Fragen schweigt bisher auch das Bundeswirtschaftsministerium, das die einstweilige Freistellung von den Sanktionen als Ergebnis zielgerichteter und geschickter Verhandlungen mit dem mächtigen Washington erscheinen lassen möchte. Anscheinend mit diesem Ziel hat das Ministerium, das seit Mai von der CDU-Politikerin Katherina Reiche geleitet wird, eine Nachricht der in New York ansässigen Plattform Bloomberg weder dementiert noch bestätigt. Die hatte am 27. Oktober gemeldet, das US-Finanzministerium habe die Bundesregierung aufgefordert, innerhalb der nächsten sechs Monate die Eigentumsverhältnisse in Schwedt und zwei anderen deutschen Raffinerien neu zu regeln, wo die Rosneft-Töchter Mehrheitseignerinnen sind.

Die Bundesregierung unter dem damaligen Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im September 2022 die beiden Unternehmen zwangsweise unter Treuhandverwaltung gestellt, die alle halbe Jahre verlängert werden muss. Außerdem wird der Mutterkonzern seither immer wieder unter Fristsetzung dringend aufgefordert, für den Verkauf der Anteile zu sorgen. Im Gespräch waren, zumindest tauchte diese Behauptung in Medien auf, die Investitionsbehörde des arabischen Fürstentums Katar, englisch abgekürzt QIA, und die staatliche Energiewirtschaft Kasachstans, die seit Januar 2023 zum wichtigsten Einzellieferanten der Raffinerie an der Oder geworden ist.

Am 29. Oktober meldete das Handelsblatt, das in vielen Ländern der Welt aktive private estnische Energieunternehmen Liwathon Group sei am Kauf der PCK-Raffinerie in Schwedt interessiert. Ein Sprecher des Unternehmens bestätigte das. Damit ist allerdings über die Chancen, sich auf einen für Rosneft akzeptablen Preis zu einigen, noch nichts gesagt. Das scheint, je schlechter die Gesamtlage der Raffinerie und ihre Zukunftsaussichten dargestellt werden, zum Hauptproblem einer Lösung geworden zu sein.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim Seider aus Berlin (4. November 2025 um 05:12 Uhr)
    Worum hier so eifrig geschachert wird – daran sollte man immer wieder erinnern – das war ein wesentlicher Teil des Volkseigentums der DDR. Entstanden auf grüner Wiese durch viel Arbeit und Einsatzbereitschaft eines Volkes, das deshalb schmerzhaft an anderen Stellen sparen musste. Nun ist das, was uns zu Recht gehörte, nur noch Spielball in den Händen politischer Spekulanten und Abenteurer. Was des Volkes Hände schufen, wird verhökert, als wenn es wertlos wäre. Deutsche Einheit eben, 35 Jahre nachdem das Volk freiwillig das Herrschen aus den Händen gegeben hat.

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