Neues Militärzeitalter
Von Igor Kusar, Tokio
Es war wieder einmal eine Demonstration der für Japan typischen Schmeichelei und Anbiederung an den starken Ma nn aus Washington, die die neue Premierministerin Takaichi Sanae während des dreitägigen Staatsbesuchs von Donald Trump in Tokio an den Tag legte. Sie wolle ihn für den Friedensnobelpreis vorschlagen, sagte sie ihm beim Spitzengespräch am Dienstag, und überhäufte ihn mit Geschenken, unter anderem einem vergoldeten Golfball. Außerdem garantierte die japanische Seite den USA Investitionen von mindestens 490 Milliarden US-Dollar, wie im Sommer versprochen. Im Gegenzug hatte Trump die Besteuerung japanischer Importe von 25 auf 15 Prozent gesenkt. Auch vertieften die beiden Staaten ihre strategische Partnerschaft bei der Versorgung mit kritischen Mineralien und seltenen Erden, um der chinesischen Dominanz entgegenzuwirken.
Für die Allianz habe ein neues goldenes Zeitalter begonnen, fasste Takaichi Trumps Besuch zusammen. Die japanischen Medienhäuser klatschten Beifall. Mit diesem Hochgefühl will sie sicherlich auch ihre schwache Position im Machtgefüge Japans stärken. Die drei letzten Premiers, die längere Amtszeiten erreichten, bauten ihre Macht auf persönlichen Freundschaften zu ihren US-Amtskollegen auf. Der letzte von ihnen war der 2020 abgetretene, zwei Jahre später erschossene Abe Shinzo, der während Trumps erster Amtszeit auf einen engen Kontakt zu ihm hingearbeitet hatte. Takaichi bemühte sich denn auch sehr, gegenüber dem US-Amerikaner ihre enge Beziehung zu ihrem Ziehvater Abe hervorzuheben. Wie er sei sie Vertreterin des japanischen Konservatismus und wolle sein Werk fortsetzten. Tage zuvor hatte sie bereits angekündigt, zu einer stärkeren Rolle Japans auf der diplomatischen Bühne zurückkehren zu wollen.
Trotz der deutlichen Zeichen der Unterwürfigkeit hat Trump nie aufgehört, Japans »abgeschottete« Märkte und dessen Rolle in der Bündnispolitik, die er als »Trittbrettfahrerei« bezeichnet, zu kritisieren. Takaichi war denn auch sehr darauf bedacht, dem US-Präsidenten bei dessen Besuch keine Gelegenheit zu geben, weitere Forderungen zu stellen. Sie kündigte bei ihrer Grundsatzrede am Freitag vor dem Parlament an, die Erhöhung des Militäretats auf zwei Prozent des BIP um zwei Jahre vorzuziehen und bereits in diesem Fiskaljahr (endet Ende März 2026) zu realisieren. Auch will sie die sogenannten drei nationalen Sicherheitsdokumente, die die Verteidigungsstrategie Japans umreißen, bis Ende 2026 revidieren. Eine weitere Erhöhung des Militäretats wird – ganz nach Trumps Wünschen, der mindestens 3,5 Prozent des BIP fordert – in Zukunft erwartet.
Außerdem deuteten Trumps Bemerkungen beim Spitzengespräch darauf hin, dass Takaichi während ihrer einwöchigen Amtszeit bereits kräftig Militärgüter in den USA eingekauft hat. Dieser Umstand wurde von den japanischen Medien fast vollständig verschwiegen. Und die Exportbeschränkungen für Waffen, die sich Japan als ehemalige Friedensnation auferlegt hatte, sollen weiter gelockert werden. Sie könnten es den japanischen Waffenschmieden erlauben, auf dem internationalen Rüstungsmarkt in Zukunft aktiv mitzumischen.
Mit diesen Ankündigungen der neuen Premierministerin ist Japan – vorerst nur verbal – in ein neues Militärzeitalter eingetreten und entfernt sich immer mehr von seiner pazifistischen Nachkriegsphase. Um ihre Ziele umzusetzen, will Takaichi – an die Strategie Abes anknüpfend – ihre Führungsrolle und die ihres Beraterstabs stärken und sich aktiv an der Außen- und Sicherheitspolitik beteiligen. Sie hat unter anderem Takaya Imai, ehemals engster Berater von Abe und ein strammer Befürworter der Atomenergie, in ihr Führungsteam geholt. Und sie hat angedeutet, zusammen mit den USA die Sicherheitsstrategie im indopazifischen Raum neu ausrichten zu wollen. Damit stellt sie sich offen gegen China. Die positiven Annäherungsversuche Japans an die Volksrepublik, die ihr Vorgänger Ishiba Shigeru verfolgt hatte, gehören damit wohl der Vergangenheit an.
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