Ist die Deutsche Bank zerstörerischer als andere?
Von Gitta Düperthal
Der Frankfurter Ortsverband der globalisierungskritischen Organisation ATTAC ruft für Donnerstag zum »Bankengrauen« vor der Deutschen Bank auf und fordert, das Finanzinstitut müsse »die Finanzierung der Klimakatastrophe beenden«. Welche Verantwortung für die globale Erderwärmung können Sie nachweisen?
Wir berufen uns auf Zahlen der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald. Diese hat recherchiert, dass die Deutsche Bank im Durchschnitt in den Jahren 2016 bis 2023 täglich 45 Millionen US-Dollar in fossile Unternehmen gesteckt hat. Deutsche Bank und DWS (1956 gegründeter zur Deutschen Bank gehöriger Vermögensverwalter, jW) machten Geschäfte mit 22 der 30 klimaschädlichsten Unternehmen der Welt. Sie vergeben Anleihen und Kredite und belohnen sie quasi dafür, dass sie fossile Energien fördern. Die Deutsche Bank nimmt keine Rücksicht auf die Klimakrise. Kurz gesagt: Sie finanziert Männer, die unsere Welt verbrennen. Wir protestieren, damit sie endlich aus Kohle, Öl und Gas aussteigt.
Die »fossilen Geschäfte« bedrohen »das Leben auf diesem Planeten«, warnen Sie. Auf welche ökonomischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse stützen Sie sich?
Wir stützen uns dabei auf die Klimawissenschaft. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft warnt die Bundesregierung, dass 2050 schon die Drei-Grad-Grenze der Erderwärmung erreicht sein und das Risiko für Extremwetter erheblich ansteigen könnte. Aus deren Sicht ist es dringend notwendig, Klimaschutz und -anpassung zugleich zu betreiben. Die Forschenden weisen darauf hin, dass es kein »Restbudget« an Kohlenstoffdioxid mehr zu verbrauchen gibt. Die Energieökonomin Claudia Kemfert rechnet sogenannte stranded assets vor, »gestrandete Vermögenswerte« oder »Investitionsruinen«, wenn Regierungen davon unbeirrt weiter auf fossile Energien setzen. Vermögenswerte könnten durch den Klimawandel zerstört werden.
Das Bundesverfassungsgericht urteilte am 24. März 2021, dass es gegen Menschen- und Völkerrechte künftiger Generationen verstößt, wenn die Regierenden die Verpflichtung ignorieren, deren Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Die Bundesregierung muss ihrer Aufgabe nachkommen, Banken in der Hinsicht zu regulieren.
Tritt die Deutsche Bank anders auf als die Institute anderer Länder?
Französische Banken setzen teilweise längst auf Transformation und vertreten strengere Kriterien gegenüber Unternehmen, die mit klimaschädlichen Energien arbeiten. Sie fördern kleine und mittelgroße regionale Projekte, die für die Energie- und Klimawende arbeiten, etwa mit Onshorewindparks und Fotovoltaikanlagen.
Sind sie weniger profitorientiert aufgestellt?
Das kann man vermutlich nicht behaupten. Aber in Frankreichs Süden gibt es bereits zerstörerische Hitze- und Dürrewellen. Offenbar hat man erkannt, wie wenig lukrativ es ist, jetzt auf nur noch sehr kurzfristige Investitionen zu setzen. Die EU ist mit ihrem umstrittenen Grünwaschen, Erdgas zur Brückentechnologie einzustufen, dagegen nicht hilfreich.
Was fordern Sie von der deutschen Regierung?
Sie muss Banken regulieren und aufhören, ihre klimaschädliche Politik weiterzuverfolgen. Weil es verfassungswidrig ist!
Welche Wirkung versprechen Sie sich von Ihrer Aktion am Donnerstag?
Wir werden Halloween nutzen, um als Sensenmann verkleidet ein kleines Gruselkabinett um 16 Uhr vor der Deutschen Bank aufzuführen. Wir werden öffentlich vor Augen führen, was wir von dem zerstörerischen Geschäftsmodell halten.
Was könnten Menschen mit einem Konto bei der Deutschen Bank tun?
Kundinnen und Kunden könnten die Deutsche Bank per Mail mit der Forderung konfrontieren, ihr umweltschädliches Handeln zu stoppen. Klar kann man Angebote anderer Banken prüfen, die verlautbaren, anders zu handeln. Aber zugegeben: Ob Kleinsparer die Deutsche Bank beeindrucken können, ist zweifelhaft.
Viola Rüdele ist Sprecherin des Organisationsteams der Klima-AG von ATTAC-Frankfurt
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