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Aus: Ausgabe vom 24.10.2025, Seite 6 / Ausland
Präsidentschaftswahl in Irland

Linksruck in Dublin erwartet

Präsidentschaftswahl in Irland: Unabhängige Kandidatin mit linker Opposition im Rücken liegt vorn
Von Dieter Reinisch
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»Klare Siegerin«: Im Fernsehduell konnte sich Connolly (l.) gegen die Konservative Humphreys durchsetzen (Dublin, 21.10.2025)

Behalten die Meinungsforscher recht, dann wird diesen Freitag Catherine Connolly zur neuen Präsidentin der Republik Irland gewählt. Sie würde damit Michael D. Higgins beerben, der wie Connolly seine politische Sozialisation in Labour erfahren hat. Doch im Gegensatz zu Higgins ist Connolly zwar formell unabhängig, hinter ihrer Kampagne vereinigt sich aber die gesamte linke Opposition – von den beiden sozialdemokratischen Parteien über die republikanische Sinn Féin (SF) bis zu den im Parlament vertretenen Trotzkisten.

Die Wahl könnte Einfluss auf den Fortbestand der rechtskonservativen Regierung aus Fine Gael (FG) und Fianna Fáil (FF) haben. Denn SF schmiedet seit langem an einem Bündnis der linken Oppositionsparteien, um nach den nächsten Parlamentswahlen erstmals seit der Unabhängigkeit vor über 100 Jahren ohne die beiden konservativen Parteien eine Linkskoalition schmieden zu können. Der Präsidentschaftswahlkampf hat diesem Projekt Auftrieb gegeben und das Regierungsbündnis in Turbulenzen gebracht.

Denn eigentlich hatten am 24. September drei Kandidaten die Hürde übersprungen, um auf dem Stimmzettel zu stehen. Doch nur eine Woche später zog der FF-Kandidat Jim Gavin zurück: Er schuldet einem ehemaligen Mieter 3.300 Euro. Da der Rückzug nach der Frist verkündet wurde, wird er dennoch auf den Wahlzetteln zu finden sein. Und in den Umfragen gaben durchweg zwischen fünf und zehn Prozent an, ihre Stimme Gavin zu geben.

Haushoch in Führung liegt Connolly, die unabhängige Parlamentarierin aus der Grafschaft Galway. Ihre Kontrahentin ist Heather Humphreys von FG. 2024 kündigte sie an, nicht abermals für das Parlament zu kandidieren: »Bis zum Ende der Amtszeit wäre ich dann 70 Jahre alt«, erklärte sie ihre Entscheidung. Doch Präsidentin will sie werden: »Ich stehe im Zentrum des politischen Spektrums, ich bin nicht weit links und nicht weit rechts«, beschrieb sie sich im letzten Fernsehduell der beiden Kandidatinnen am Dienstag abend.

Die Ausgangslage davor war klar: Connolly hatte in einer Ipsos-Umfrage mit 38 Prozent fast doppelt soviel Zustimmung wie Humphreys. Doch aus der Umfrage ging auch hervor, dass fast ein Drittel der Wähler unentschlossen war. Im direkten Duell wusste Connolly nach Anfangsschwierigkeiten aber zu überzeugen. Dies bescheinigte auch die Irish Times (IT): Beide hätten eine gute Debatte gezeigt, aber für Humphreys war es »wohl zuwenig, um den Abstand aufzuholen«, betonte IT-Kolumnistin Ellen Coyne. Ähnlich ihr IT-Kollege Hugh Linehan: Connolly habe eine »sehr kompetente Vorstellung gezeigt«. Damit Humphreys noch eine realistische Chance habe, »hätte es ein Erdbeben gebraucht, doch dazu kam es nicht«. Für IT-Kolumnist Pat Leahy war Connolly »die klare Siegerin«.

Diese könnte sie auch diesen Freitag werden, denn die am Mittwoch veröffentlichten Umfragen verdeutlichen den Trend: Red-C-Research ermittelte 44 Prozent für Connolly, 25 Prozent für Humphreys und 21 Prozent als noch unentschlossen. In der Altersgruppe unter 34 Jahren liegt die Unterstützung für Connolly sogar bei 64 Prozent.

Der Beginn der Fernsehdebatte war von den Ereignissen im Westen Dublins am selben Abend geprägt: Bis zu 2.000 Personen, angestachelt von extrem rechten Agitatoren über soziale Netzwerke, versammelten sich vor einer Flüchtlingsunterkunft in Saggart, um gegen Migranten zu protestieren. Es kam zu Ausschreitungen, bei denen ein Polizeiwagen in Brand gesetzt wurde und sechs Personen verhaftet wurden.

Humphreys sagte, sie werde als Präsidentin einen Raum schaffen für sichere Gespräche über die Kulturen anderer Menschen, um das Verständnis zu erweitern. Sie forderte die Protestierenden auf, nach Hause zu gehen, und ermahnte sie: »So ist unser Land nicht!« Connolly bezeichnete die Ereignisse in Saggart als zutiefst beunruhigend und betonte, es sei Zeit für politische Führung, die von der Regierung nicht gegeben werde: Humphreys repräsentiere diese Politik, betonte Connolly. Falls sie selbst gewählt werde, möchte sie eine Präsidentin für »Frieden, Diplomatie und Neutralität« sein.

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