Der iranische Filmemacher Nasser Taghwai ist tot

Teheran. Der iranische Filmemacher Nasser Taghwai ist im Alter von 84 Jahren nach einer langen Krankheit in einem Krankenhaus in Teheran gestorben. Seine Ehefrau, die Schauspielerin Marsieh Wafamehr, bestätigte entsprechende Medienberichte auf ihrem Instagram-Account.
»Ein Künstler, der sich für das beschwerliche Leben in Freiheit entschied, hat nun Erlösung gefunden«, so die Ehefrau. Mit ihrem Kommentar bezog sie sich auf Taghwais kritische Position zur Zensur und künstlerischen Restriktionen in seinem Heimatland.
Taghwai wurde 1970 mit seinem gesellschaftskritischen Film »Entspannung in Gegenwart anderer« bekannt. Der Film setzte sich mit den sozialen Umbrüchen während der Monarchie in den 60er Jahren auseinander. Auch seine weiteren Werke aus dieser Zeit erhielten viel Lob von Kritikern.
Landesweite Popularität erlangte er jedoch 1976 mit der Fernsehserie »Lieber Onkel Napoleon«, basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Iradsch Peseschksad aus dem Jahr 1970. Die satirische Serie zeichnete ein pointiertes Bild der iranischen Gesellschaft und thematisierte den Spannungsbogen zwischen Moderne und traditionellen religiösen Werten.
Nach der islamischen Revolution von 1979 entschied sich Taghwai bewusst gegen eine Auswanderung. Er drehte weiterhin Filme und war mit Werken wie seinem Beitrag zum Episodenfilm »Tales of Kish« (1999) oder dem auf Ernest Hemingways Roman »To Have and Have Not« basierenden Gangsterfilm »Captain Korshid« (1987) auch auf internationalen Festivals wie Cannes und Locarno vertreten,
Mit der Zeit verschärften die Behörden jedoch die Zenurauflagen, so dass mehrere Filmprojekte Taghwais blockiert wurden. Der Regisseur entwickelte sich daraufhin zu einem scharfen Kritiker der Zensur und lehnte weitere »staatlich kontrollierte« Filmprojekte ab. Aufgrund dieser Haltung wurde er auf die kulturelle Schwarze Liste des Landes gesetzt. (dpa/jW)
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