Hoffnung in Priština
Von Slavko Stilinović
Gerade erst hatten am Sonntag Kommunalwahlen im Kosovo stattgefunden. Da schaute am Mittwoch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Rahmen einer Tournee durch mehrere Balkanstaaten nach dem Rechten. In der Hauptstadt der serbischen Provinz, die sich 2008 für unabhängig erklärt hatte, standen am Nachmittag Unterredungen mit Präsidentin Vjosa Osmani-Sadriu und Premierminister Albin Kurti auf dem Programm. Am Morgen war von der Leyen bereits in Belgrad mit dem serbischen Regierungschef Đuro Macut und Präsident Aleksandar Vučić zusammengetroffen.
Die EU hatte 2023 Sanktionen gegen Kosovo verhängt, nachdem es im überwiegend von Serben bewohnten Norden des Landes zu Unruhen gekommen war und die kosovoalbanischen Behörden hart gegen angebliche serbische »Parallelinstitutionen« wie Schulen und Gesundheitszentren vorgegangen waren. Dies sah Brüssel als Hindernis für den Dialog zwischen Kosovo und Serbien. Laut der in Priština ansässigen Denkfabrik GAP haben die Sanktionen Kosovo mehr als 600 Millionen Euro gekostet. Nun hofft Priština allerdings auf ein Ende der Sanktionen, wie Präsidentin Osmani beim Empfang von der Leyens laut Agenturmeldungen vom späten Nachmittag unterstrich.
Im Mai hatte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bereits eine Lockerung angekündigt, aber diese von Fortschritten im Verhältnis zu Serbien und der serbischen Minderheit abhängig gemacht. Die hat es nun anscheinend gegeben, wie der Verlauf der Wahlen vom Wochenende dokumentiert, von denen keine besonderen Vorkommnisse gemeldet wurden. Bei ihnen konnte sich Kurtis Partei »Selbstbestimmung« nur noch in drei Gemeinden behaupten. Im serbischen Norden hat sich die belgradnahe »Serbische Liste« (SL) durchgesetzt. Einerseits stärkt dies die Serben, in deren Gemeinden vielerorts albanische Bürgermeister eingesetzt worden waren, nachdem die SL den letzten Urnengang boykottiert hatte. Das Ergebnis könnte die Spannungen zwischen Priština und Belgrad aber auch wieder verschärfen.
Schon bei den Parlamentswahlen im Februar hatte Kurtis oft als »linksnationalistisch« charakterisierte Partei Federn lassen müssen. Nach monatelangen Querelen um die Konstituierung des neuen Parlaments einschließlich der Nominierung eines Serben für dessen Vorsitz hatte Kurti erst am Sonnabend den offiziellen Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten. Nun muss er binnen zwei Wochen eine Mehrheit in der Volksvertretung hinter sich versammeln, sonst gibt es Neuwahlen.
Nach ihrer Visite in Priština wollte von der Leyen ihre Reise in Nordmazedonien abschließen. Auftakt war am Sonntag und Montag ein Besuch in Albanien, wo sie auf einer Investorenkonferenz vorsprach. In Montenegro nahm sie am Dienstag ebenfalls an einem Gebertreffen teil, bevor sie nach Bosnien und Herzegowina weiterreiste. Laut Ankündigung ging es bei der Tournee darum, »die Unterstützung der EU für den Beitrittsweg der Region zu bekräftigen sowie den Wachstumsplan der EU für den «Westbalkan» in Höhe von sechs Milliarden Euro für 2024 bis 2027 zu erörtern«. Schließlich möchte der Balkan nicht mehr nur »nach Europa«. Auch die EU muss sich um die Region bemühen, denn Konkurrenten wie China sind auf dem Vormarsch.
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