Appell gegen Polizeidozenten
Von Henning von Stoltzenberg
Seit 2016 bildet er an der Bundespolizeiakademie in Lübeck Kommissare aus, seit 2020 im Rang eines Professors. Seine Tätigkeit als Autor für rechte Leitmedien wie die Wochenzeitung Junge Freiheit rief nun das politische Berlin auf den Plan. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, hat in einem Brief Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) aufgefordert, zur Personalie des Dozenten Stephan M. Stellung zu nehmen, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Sonnabend berichtete.
Zuvor hatte der parlamentarische Staatssekretär Christoph de Vries (CDU) auf eine Anfrage der Grünen-Politikerin Auskünfte mit dem Hinweis verweigert, dass »einzelne Beamte« hinsichtlich ihrer »Eignung, Befähigung und Leistung nicht Gegenstand parlamentarischer Kontrolle und öffentlicher Auseinandersetzung« sein könnten. Vorschriften des Grundgesetzes beschränkten den Informationsanspruch des Parlaments. Mihalic betont, diese Auffassung stehe »im fundamentalen Widerspruch zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung«.
In ihrem Brief an Dobrindt verwies sie auf dessen politische Verantwortung »für die Entscheidung, ob Stephan M. auf Lebenszeit als Professor an der Bundespolizeiakademie ernannt wird«. Der CSU-Politiker müsse »klipp und klar sagen, dass verfassungsfeindliche Einstellungen in der Polizeiausbildung nichts zu suchen haben«. In ihrem Schreiben verwies Mihalic auf die Berufsvereinigung Gewerkschaft der Polizei (GdP) und warf dem Innenminister vor, durch Passivität in Kauf zu nehmen, dass junge Beamte mit verfassungsfeindlichen Anschauungen und Auslegungen konfrontiert würden.
Die GdP hatte ein Gutachten zur Personalie in Auftrag gegeben. Dieses kam zum Schluss, dass M. in Medien wie der Jungen Freiheit regelmäßig Positionen vertreten habe, wie sie auch in intellektuellen Kreisen der sogenannten neuen Rechten zu finden seien. So habe der Dozent Gesellschaften mit nur einer Ethnie als »Idealzustand« bezeichnet. Die Migration insbesondere in die Länder des globalen Nordens soll er als große Gefahr bezeichnet haben, da so eine ethnische Vielfalt hergestellt würde.
Der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke bescheinigte dem Lübecker Professor, mit Äußerungen in seinen Aufsätzen Menschen aus Einwandererfamilien beleidigt und ausgegrenzt zu haben. Das gefährde die Integration von Kolleginnen und Kollegen mit türkischen Wurzeln. Bereits 2021 hatte ein Rechercheteam von Ippen Media aufgedeckt, dass M. in seinen Artikeln vor einem »Ethnosuizid« an den »Frontlinien in multiethnischen Städten« gewarnt haben soll. Bei einer Lehrveranstaltung vor Studierenden soll er demnach zum Thema der gleichgeschlechtlichen Ehe gesagt haben: »Da könne man künftig ja auch sein Hausschwein heiraten«.
Vom Bundespolizeipräsidium beauftragte Gutachter kommen zu einem anderen Schluss. Sie entlasteten M. Dessen Rechtsanwalt Ralf Höcker, der unter anderem auch die AfD juristisch vertreten hat, erklärte den GdP-Gutachter, Politikwissenschaftler Fabian Virchow aus Düsseldorf, zu einem »knallharten Linksradikalen«.
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