Gegründet 1947 Dienstag, 7. Oktober 2025, Nr. 232
Die junge Welt wird von 3036 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 04.10.2025, Seite 4 / Inland
Drohnenabwehr

Söder will sofort schießen

Aufregung um Drohnensichtung am Münchner Flughafen. Bayern kündigt Schnellgesetz an
Von Kristian Stemmler
imago836166521.jpg
Siehst du das Ding auch? Markus Söder und Alexander Dobrindt legen sich auf die Lauer

Ein Drohnenvorfall am Münchner Flughafen sorgt für Wirbel: Der Flughafen wurde zeitweise gesperrt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte am Freitag, künftig Drohnen sofort abzuschießen. Erst vor gut einer Woche hatte die Deutschen Flugsicherung gemeldet, dass es in diesem Jahr bis Ende August auf deutschen Flughäfen 144 Störungen durch Drohnen gegeben habe. Solche Vorfälle sind also nicht ungewöhnlich und meist nicht mal eine Meldung wert. Seit den Sichtungen von Drohnen angeblich russischer Herkunft in Dänemark hat sich das geändert.

Die Informationen zu dem Münchner Vorfall waren am Freitag auffallend dürftig. Nach Angaben der Bundespolizei hatten mehrere Personen am Donnerstag abend von einer Drohne in der Nähe des Flughafens berichtet. Später habe es auch Sichtungen über dem Gelände gegeben. Mehr war nicht bekannt. Weder war klar, ob es sich um eine oder mehrere Drohnen handelte, noch, wie groß das Luftfahrzeug war oder wer für den Vorfall verantwortlich war.

Die Flugsicherung sperrte am Abend die Start- und Landebahnen, so dass 17 Flüge ausfielen. Rund 3.000 Menschen waren davon betroffen. Am frühen Morgen wurde der Betrieb wieder aufgenommen. In der Nacht hatten die Beamten der Landes- und Bundespolizei das Gelände überwacht und erfolglos nach Drohnen sowie Verdächtigen abgesucht. Auch ein Polizeihubschrauber war im Einsatz.

Söder nutzte die Gelegenheit, um sich als Drohnenjäger zu profilieren und mehr Befugnisse für die Polizei zu fordern. Diese müsse in die Lage versetzt werden, Drohnen sofort abzuschießen, sagte er gegenüber Bild. Die Landesregierung wolle bereits am kommenden Dienstag ein Schnellgesetz auf den Weg bringen. Die Drohnenvorfälle zeigten »den großen Druck«, erklärte Söder. Ab jetzt müsse gelten: »Abschießen statt Abwarten! Und zwar konsequent!«

Am Freitag nachmittag konkretisierte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die nächsten Schritte der Landesregierung. »Wir wollen die rechtlichen Möglichkeiten der bayerischen Polizei deutlich erweitern, damit sie sofort und effektiv gegen Drohnen vorgehen kann. Das bedeutet auch, dass die Polizei bei akuter Gefahr Drohnen sofort abschießen darf«, sagte der CSU-Minister.

Zuletzt waren angeblich auch über Schleswig-Holstein Drohnen gesichtet worden, die über »kritische Infrastruktur« geflogen seien, so über ein Kraftwerk in Kiel. Die Staatsanwaltschaft Flensburg leitete wegen der Überflüge ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein. Drohnen wurden in den vergangenen Tagen dem Spiegel zufolge auch in Mecklenburg-Vorpommern gesichtet, so über dem Überseehafen und dem Marinekommando in Rostock. Innenminister Christian Pegel (SPD) mutmaßte gegenüber dem NDR, den Tätern gehe es darum, in der Bevölkerung für Verunsicherung zu sorgen. »Täter« oder Hinweise auf solche wurden allerdings in allen Fällen nicht präsentiert.

Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn meldete sich zu Wort. »Statt mit Kampfjets auf Drohnen zu schießen, benötigen wir ein verzahntes und agiles technologisches Ökosystem, mit dem wir sofort reaktionsfähig sind«, sagte Spahn der Mediengruppe Bayern. Es müsse »schnellstmöglich eine funktionierende Drohnenabwehr« aufgebaut werden, so Spahn.

Am Mittwoch will sich das Bundeskabinett mit Plänen von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) befassen. Die Bundeswehr soll zu Einsätzen im Inneren ermächtigt werden, um Drohnen abschießen zu können. Die Drohnenvorfälle waren auch Thema auf dem informellen EU-Gipfel und beim anschließenden Treffen der 47 Staaten der Europäischen Politischen Gemeinschaft am Donnerstag in Kopenhagen. Es ging dabei unter anderem um die Frage, wie sich Europa »gegen Drohnen schützen« könne, etwa mit einem »Drohnenwall«.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich Hopfmüller aus Stadum (3. Oktober 2025 um 22:41 Uhr)
    Die Krabbenfischer im Watt dürfen bald nicht mehr mit Schleppnetzen fischen. Angesichts der bedrohlichen Lage sollte denen Geld in die Hand gedrückt werden, damit sie ihre Kutter und Netze für den Drohnenfang umrüsten können. Konversion vom Feinsten! Natürlich dürften weder Kutter noch Netze auf Startbahnen oder Terminals fallen, Drohnenteile auch nicht. Vielleicht hilft ja dieser Witz den Drohnen-Abschießen-Wollern weiter: Physiker ist, wenn er in einem dunklen Raum mit verbundenen Augen eine schwarze Katze sucht, die da ist. Philosoph ist, wenn einer in einem dunklen Raum mit verbundenen Augen eine schwarze Katze sucht, die nicht da ist. Politiker ist, wenn einer in einem dunklen Raum mit verbundenen Augen eine schwarze Katze sucht, die gar nicht da ist und ruft: »Hurra, ich hab sie!«

Ähnliche:

  • Bleiben am Boden: Vehikel für luftige Höhen (Frankfurt am Main, ...
    10.03.2025

    Stillstand an Airports

    Tarifrunde: Verdi organisiert bundesweit ganztägigen Warnstreik an großen Flughäfen. Branchenvertreter fordern Zwangsschlichtung
  • Afghanischer Polizist in Kabul nach einem Selbstmordanschlag am ...
    18.01.2018

    »Afghanistan ist sicher«

    Regierung plant erneut Sammelabschiebung in das Kriegsland. CSU-Chef verlangt mehr Konsequenz bei »Rückführungen«
  • Engagiert sich für die »Leitkultur«: CSU-Fraktionschef Thomas Kr...
    20.09.2016

    CSU als »bessere AfD«

    Petition und Großdemo im Oktober: Breites Bündnis will bayerisches Integrationsgesetz kippen