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Aus: Ausgabe vom 01.10.2025, Seite 6 / Ausland
Sudan

Al-Fascher verhungert

Sudan: Schwangere und Kinder sterben an Unterernährung in seit mehr als anderthalb Jahren belagerter Stadt. USA sehen Zeitpunkt für Friedensgespräche
Von Ina Sembdner
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»Hebt die Blockade von Al-Fascher auf«: Darfuris protestieren am 25. August in London

Nicht nur im Gazastreifen verhungern Menschen unter einer gewaltsamen Blockade, sondern auch im sudanesischen Al-Fascher: allein im September mehr als 20, darunter fünf Schwangere und Kinder, wie das »Sudan Doctors Network« vergangenen Donnerstag mitteilte. Freiwillige der Gruppe »Notaufnahme Abu-Schuk-Lager« meldeten am Sonntag sogar mindestens 95 Menschen, die in den vergangenen 40 Tagen an Hunger und Krankheiten gestorben seien. Die Bewohner litten »unter einem gravierenden Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser und medizinischer Versorgung, insbesondere Vertriebene, die von Hilfsleistungen und grundlegenden Dienstleistungen abgeschnitten sind«, hieß es in der Erklärung. Die Gruppe warnte vor einer drohenden Gesundheitskrise und verwies dabei auf die unzähligen unbestatteten Leichen in der Stadt angesichts der anhaltenden Unsicherheit. Sie forderte internationale Organisationen nachdrücklich auf, sichere Korridore für Zivilisten einzurichten. Schon im Juli hatte das Ärztenetzwerk gemeldet, dass seit Januar 239 Kinder in der Stadt aufgrund von Nahrungsmittel- und Medikamentenknappheit gestorben seien.

Al-Fascher ist nun schon seit mehr als 500 Tagen unter Belagerung der paramilitärischen RSF-Miliz, die damit die Einnahme der Hauptstadt von Norddarfur erzwingen will. Kein Handel, keine Nahrungsmittellieferungen, horrende Preise für das wenige, was noch da ist. »Diese tragischen Todesfälle unterstreichen die dringende Notwendigkeit humanitärer Hilfe, um die unter Belagerung stehende Bevölkerung mit lebensrettenden Hilfsgütern zu versorgen«, forderte am Montag in New York auch Farhan Haq, stellvertretender Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, vor Reportern. Unter Verweis auf Satellitenbilder erklärte er, dass die RSF ihren Griff um Al-Fascher noch verstärkten und große Gruppen von Menschen versuchten, »zu Fuß aus den Randgebieten zu fliehen«. Auf der Flucht seien sie jedoch ebenfalls Gewalt, Belästigungen und Plünderungen ausgesetzt.

Hunderttausende leben in den beiden innerstädtischen Vertriebenenlagern Samsam und Abu Schuk, die beide während des Genozids in Darfur entstanden sind. In zentralen Rollen in der sudanesischen Politik seit damals: RSF-Chef Mohammed Hamdan Daglo als Anführer arabischer Milizen (Dschandschawid) und sein bis April 2023 Verbündeter und jetziger Kriegsgegner, De-Facto-Präsident Abd Al-Fattah Al-Burhan, damals von Langzeitdiktator Omar Al-Baschir als Befehlshaber über die aufständische Region eingesetzt. Das wird heute allerdings gerne vergessen, und auch wenn Sudan-Experten wie Alex de Waal davon ausgehen, dass sowohl Daglo als auch Al-Burhan für diese Verbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt hätten werden können und beide Seiten gegenwärtig Kriegsverbrechen begehen, stehen vor allem die von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützten RSF im Fokus. So stellten die USA Anfang des Jahres noch unter der Biden-Regierung fest, dass »Mitglieder der RSF und verbündeter Milizen im Sudan Völkermord begangen haben«, wie der damalige Außenminister Antony Blinken erklärte. Die Massenmorde an Zivilisten im Gazastreifen durch Israels Armee hatte der Demokrat wenige Tage zuvor allerdings ganz anders beurteilt.

US-Präsident Donald Trump steht dem zionistischen Verbündeten noch näher und teilt mit ihm mit Blick auf Sudan eine gemeinsame »rote Linie«, wie das sudanesische Portal Ayin am Donnerstag hervorhob: keine islamistische Präsenz in einer zukünftigen Regierung. Im Hintergrund laufen dazu offenbar intensive Gespräche über den US-Sondergesandten für Sudan, Massad Boulos. Der sieht sich einem Erfolg nahe, wie er während der UN-Generalversammlung in New York erklärte. Die USA führten derzeit Gespräche mit dem Militär und den RSF, um sich auf allgemeine Grundsätze für künftige Friedensverhandlungen zu einigen. »Der Status quo ist so, dass niemand die Oberhand hat, so dass beide Seiten zu Gesprächen bereit sind.«

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