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Aus: Ausgabe vom 20.09.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Zollkrieg zwischen USA und China

China weiß sich zu wehren

Zollkrieg mit USA: Beijing setzt auf alternative Absatzmärkte und macht Trump zu schaffen – etwa bei Soja und Tik Tok
Von Jörg Kronauer
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Die USA müssen sich für ihre Sojabohnenernte wohl neue Abnehmer suchen

Die Spannung war spürbar, als US-Medien am Freitag in den frühen Morgenstunden den Stand der Verhandlungen im Zollkonflikt zwischen den USA und China bilanzierten. Würde das Telefongespräch von US-Präsident Donald Trump mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping, das für Freitag nachmittag europäischer Zeit angekündigt war, den ersehnten Durchbruch bringen? Trump hatte am Donnerstag diesen Eindruck zu erwecken versucht und erklärt, beide Seiten seien in ihrem Zoll- und Handelskonflikt »sehr nah an Deals für alles«. Das gelte ganz besonders für einen Teilkonflikt – den Streit um Tik Tok.

Die Verhandlungen im Zollkonflikt zwischen den USA und China, die erst am Montag mit hochrangigen Gesprächen in Madrid weitergeführt wurden, scheinen tatsächlich Fortschritte zu machen. Darauf deuten jedenfalls Stellungnahmen beider Seiten hin. Die Volksrepublik hat dabei in jüngster Zeit einige Pluspunkte erzielen können, die sie hoffen lassen, Trump werde um spürbare Zugeständnisse nicht umhinkommen. Einer ihrer vielleicht wichtigsten Erfolge: Ihr Gesamtexport ist zuletzt weiter gestiegen – im August um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert –, obwohl ihr Export in die USA im selben Monat um 33 Prozent deutlich kollabierte. Beijing ist es also gelungen, die Einbrüche im US-Geschäft durch die Steigerung der Ausfuhr auf alternative Absatzmärkte aufzufangen; es ist daher weniger erpressbar.

Zudem hat China in den vergangenen Jahren fleißig Daumenschrauben gesammelt, die es nun, da es von den Vereinigten Staaten mit beispiellosen Zöllen gepiesackt wird, gegen diese einsetzen kann. Zur Erinnerung: Alles in allem belaufen sich die US-Durchschnittszölle auf Einfuhren aus China nach Berechnung des Peterson Institute for International Economics aus Washington auf 57,6 Prozent, die chinesischen Gegenzölle auf 32,6 Prozent. 20 Prozent der US-Zölle hat Trump als Strafe für Beijings vorgeblich unzureichende Kooperation im Kampf gegen die in den USA grassierende Droge Fentanyl deklariert. China ist grundsätzlich zur Kooperation bereit – allerdings erst dann, wenn Trump die 20-Prozent-Zölle streicht.

Und es verleiht der Forderung, diese 20 Prozent zu streichen, Nachdruck, indem es den Kauf US-amerikanischen Sojas eingestellt hat. Das ist bitter für viele US-Landwirte, die seit den frühen 2000er Jahren den Sojaanbau enorm ausgeweitet haben, um die rasant steigende Nachfrage aus China zu bedienen, die dann aber schon in Trumps erster Amtszeit in die Mühlen der Zollschlachten gerieten und letztlich von Washington mit Subventionen in Höhe von 23 Milliarden US-Dollar gerettet werden mussten. Nun stehen sie kurz vor der Ernte – und die gewohnten Kaufverträge aus China, dem mit Abstand bedeutendsten Sojaimporteur weltweit, bleiben aus. Zum zweiten Mal führt ein Zollkrieg des New Yorker Milliardärs, zu dessen loyalstem Wählerspektrum US-Farmer gehören, seine Klientel an den Rand des Abgrunds.

Auch mit seinem Beinahemonopol auf seltene Erden und auf andere Metalle kann Beijing weiter Druck ausüben; zuletzt machten Meldungen die Runde, Germanium – unersetzlich für die Rüstungsindustrie – sei aufgrund chinesischer Restriktionen auf dem Weltmarkt kaum noch zu bekommen. Und: China hat sich den KI-Chip-Hersteller Nvidia vorgenommen. Seine Behörden sind offenbar zu der Einschätzung gelangt, die zweit- und drittklassigen Halbleiter, die Nvidia noch in die Volksrepublik liefern darf, seien nicht besser als die, die chinesische Unternehmen inzwischen selbst produzieren. Beijing hat daher Maßnahmen gegen Nvidia ergriffen und es zuletzt chinesischen Konzernen sogar untersagt, Nvidia-Chips zu verwenden.

Und dann wäre da noch Tik Tok. Als Trump 2020 die chinesische App zu verbieten drohte, sah dies nach einem harten Schlag für Beijing aus: Der Algorithmus, der dem Tik-Tok-Erfolg zugrunde lag, galt damals als neu und hochattraktiv. Inzwischen hat die Konkurrenz aufgeholt. TikTok aber ist nach wie vor wichtig für Trump, um junge Wählerschichten für sich zu gewinnen. Bestes Beispiel war der gewaltige Zulauf auf Tik Tok für Charlie Kirk. Der Deal, auf den sich die USA und China am Montag in Madrid im Kern geeinigt hatten, sah vor, dass die App zwar zu 80 Prozent in US-Besitz übergeht, zu 20 Prozent aber bei der chinesischen Bytedance verbleibt – und dass Bytedance weiter den Algorithmus kontrolliert, für den die US-Seite die Lizenz erwerben muss. Dies geht nur, wenn die Regularien für Investitionen und Handel in den USA und in China es zulassen; Washington muss dabei also weitere Zugeständnisse machen. Ob Trump und Xi sich darauf einigen konnten, war bei jW-Redaktionsschluss noch nicht klar.

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