US-Leitzins gesenkt
Von Lucas Zeise
					Ganz wie erwartet und angekündigt hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) am vergangenen Mittwoch ihren Leitzins um einen Viertelprozentpunkt gesenkt. Der Zielzins für Tagesgeld zwischen den Banken liegt jetzt in der Spanne zwischen vier und 4,25 Prozent. Die politische Aufregung im Vorfeld der Sitzung des zwölfköpfigen Entscheidungsgremiums war größer gewesen als die übliche Spekulation an den Finanzmärkten. US-Präsident Donald Trump hatte versucht, die Gouverneurin Lisa Cook abzusetzen, war daran aber – vorläufig – von einem Gericht abgehalten worden.
Seinen ökonomischen Chefberater Stephen Miran hatte Trump aber im Vorstand der Fed untergebracht. Trump selbst hatte wiederholt eine deutliche Senkung oder sogar Halbierung der Notenbankzinsen verlangt, um der US-Konjunktur größeren Schwung zu verleihen. Miran war der einzige im Entscheidungsgremium der Fed, der am Mittwoch gegen die »kleine« Zinssenkung stimmte und dagegen eine Senkung um einen halben Punkt empfahl.
So groß ist der Unterschied nicht: Um der Transparenz willen teilte die Notenbank auch die Empfehlungen der Fed-Gouverneure für die weitere Zinspolitik mit. Und siehe da, die Mehrheit plädiert ohnehin für weitere Zinssenkungen bei den nächsten beiden Sitzungen des Gremiums, so dass schon im nächsten Monat Mirans Wunsch Folge geleistet wäre und Ende des Jahres sogar ein Zinsband von nur 3,5 bis 3,75 Prozent gelten würde.
In der Pressekonferenz klang Jerome Powell, der Chef der Notenbank, jedenfalls ziemlich entschlossen, die Zinsen munter weiter zu senken, obwohl die Inflation auf der Verbraucherebene in den Sommermonaten eher noch etwas gestiegen war – auf knapp unter drei Prozent jährlich. Das Argument – »Bekämpfung der Inflation« – war von Powell bei allen bisherigen Sitzungen der Fed 2025 herangezogen worden, um zu begründen, dass der Leitzins nicht gesenkt werden könne.
Verblüffend ist auch, dass sich die Wachstumserwartungen der Notenbanker im laufenden und im kommenden Jahr aufgehellt haben. Im Juni hatten sie für 2025 noch ein BIP-Wachstum (real) von 1,4 Prozent angenommen. Jetzt sind es immerhin 1,6 Prozent. Für Deutschland wären solche Wachstumsraten ein toller Aufschwung. Für die USA scheinen sie eher kümmerlich. Es bleibt bei wenig veränderter Datenlage rätselhaft, warum die Notenbank jetzt plötzlich Zinssenkungen für sinnvoll hält, die sie im ersten Halbjahr abgelehnt hat.
Vielleicht weiß die Fed mehr, als sie sagen will. Der leichte Anstieg der Arbeitslosigkeit und neue Statistiken über Beschäftigung aus dem vergangenen Jahr machen die Aussage Powells, der Arbeitsmarkt habe sich abgeschwächt, ansatzweise plausibel. Oder sollte den Notenbankern dämmern, dass sie gegen die steigenden Preise – auch wegen der Einfuhrzölle der Trump-Regierung – mit hohen Zinsen ohnehin nicht ankommen? Dann ist es wenigstens besser, die sich ohnehin abschwächende Konjunktur nicht ganz abgewürgt zu haben.
Unser Autor ist Finanzjournalist und Publizist. Er lebt in Aachen
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