Ulmer Fünf in U-Haft
Von Pablo Flock
Wer »Hass« predige oder zu Gewalt greife, »will keine Debatte, sondern gehört vor den Haftrichter«, empörte sich Baden-Württembergs CDU-Chef Manuel Hagel gegenüber Bild am Mittwoch. Genau dort fanden sich die drei Frauen und zwei Männer im Alter zwischen 23 und 39 Jahren am Tag zuvor wieder. Der Haftrichter am Amtsgericht Ulm hatte für alle Untersuchungshaft angeordnet, nachdem sie sich am Montag unmittelbar nach einer Sabotageaktion am Ulmer Produktionsstandort von Elbit Systems Germany haben festnehmen lassen.
Ihnen werden die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach Strafrechtsparagraf 129, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung vorgeworfen. Auf die fünf dürften außerdem noch zivilrechtliche Klagen zukommen. Der angerichtete Sachschaden wird Medienberichten zufolge auf eine »niedrige sechsstellige Summe« geschätzt. Die Ermittler sprechen von einer Million Euro. Da ein politisches Motiv vermutet wird, ermittelt nicht nur die Ulmer Polizei, sondern auch der Staatsschutz und das Antiterrorismuszentrum des Landeskriminalamts Baden-Württembergs, wie dies eine Sprecherin des Landeskriminalamts gegenüber dem SWR erklärte.
Die Aktion der Gruppe »Palestine Action Deutschland« hatten die Betroffenen selbst gefilmt und die Aufnahmen über Onlineplattformen veröffentlicht. Eines der Videos zeigt, wie Personen eine Tür aufbrechen, in einem Büro auf elektrische Geräte einschlagen, Feuerlöscher in dem Raum entleeren und Graffiti wie »Kindermörder« auf Tische und Wände sprühen. Außerdem wird eine Rauchbombe gezündet. Auf einer anderen Aufnahme sieht man die Personen, teilweise mit Aufnähern der britischen Gruppe »Palestine Action« auf dem Rücken, in dem zerstörten Büro stehen und palästinasolidarische Lieder singen, während die Polizei versucht, sich Zugang zu dem verbarrikadierten Raum zu verschaffen – was ihr schließlich gelingt.
Elbit Systems ist ein israelischer Rüstungsfabrikant, der nicht nur Funkgeräte produziert. Bei dem Unternehmen soll laut einem Haaretz-Bericht vom Juli die Bundeswehr »Dircm«-Raketenabwehrsysteme im Wert von 260 Millionen US-Dollar bestellt haben, um damit ihre Airbus-A400M-Transportflugzeugflotte auszustatten. Kriegsgerät von Elbit wird auch vom israelischen Militär zur Zerstörung und Eroberung des Gazastreifens abgefeuert.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) erklärte am Mittwoch mit Blick auf die Tat, dass für antisemitische Gewalt kein Platz sei. Der israelische Botschafter in der BRD, Ron Prosor, bezeichnete das Eindringen der fünf Beschuldigten in die Ulmer Niederlassung als »terroristischen Akt«. Zuvor war die britische Gruppe »Palestine Action« im Juli von der Londoner Regierung als Terrororganisation eingestuft worden. Wer dagegen auf die Straße geht, dem drohen ebenfalls Verfahren wegen »Terrorismusunterstützung«. Im Vereinigten Königreich hatte es vergleichbare Aktionen gegen Niederlassungen von Elbit Systems und Tochterfirmen gegeben. Häufig traf es eine Niederlassung in Bristol, die trotz eines bis 2029 laufenden Mietvertrags den Standort aufgibt. Andere Niederlassungen mussten wegen großer Verluste nach gestiegenen Sicherheitskosten oder Geschäftsabbrüchen von lokalen Dienstleistern schließen.
Hierzulande war bis vor kurzem nur die Kampagne »Shut Elbit Down Deutschland« in Erscheinung getreten, die mit legalen Mitteln den Rückzug des Unternehmens aus der BRD anstrebt. Sie organisierte Infoveranstaltungen und Demonstrationen in Ulm, Berlin und Frankfurt. Auch ein Protestcamp vor der Produktionshalle in Ulm gab es. In der kommenden Woche soll das zweite Camp eröffnen und bis zum 21. September stattfinden.
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