»Schlag ins Herz der Ukraine«
Von Susann Witt-Stahl
Präsident Wolodimir Selenskij zeigte sich bestürzt über den »schrecklichen Mord« an Andrij Parubij. Der 54jährige Politiker – von 2016 bis 2019 Präsident der Werchowna Rada und zuletzt Abgeordneter der Partei Europäische Solidarität – ist am Sonnabend mittag in Lwiw von einem Unbekannten auf der Straße niedergeschossen worden und erlag dort seinen Verletzungen. Die Tatmotive sind bisher unklar.
Was Parubijs Parteifreund Petro Poroschenko einen »Schlag ins Herz der Ukraine« nennt, ist in Wirklichkeit ein Volltreffer in die Magengrube der faschistischen Rechten des Landes, die damit eine ihrer Leitfiguren verloren hat: Parubij war Mitgründer der neonazistischen »Sozial-Nationalen Partei der Ukraine« (heute »Swoboda«) und Führer von deren paramilitärischem Arm »Patriot der Ukraine«. Zudem gilt er als einer der Architekten der Maidan-Revolte von 2013/2014 und war Kommandant der Kampftruppen, angeführt vom Rechten Sektor. Laut Forschungserkenntnissen des kanadischen Politikwissenschaftlers Ivan Katchanovski gab Parubij – zu jenem Zeitpunkt schon Leiter des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats – am 2. Mai 2014 beim Angriff von Nazischlägern auf das Gewerkschaftshaus in Odessa den Befehl, »alles niederzubrennen« – mehr als 40 Anti-Maidan-Demonstranten starben. Noch 2018 pries Parubij in einer TV-Sendung Adolf Hitlers Verdienste für die »direkte Demokratie«.
Diese wähnen Politiker und Institutionen des wertebasierten Westens offenbar auch von Parubij hervorragend repräsentiert. Das größtenteils von der US-Regierung finanzierte National Democratic Institute for International Affairs für »Demokratieförderung« äußerte sich in einer ersten Reaktion »schockiert« über den Verlust des »Staatsmanns« und »geschätzten Partners«. Auch deutsche Politiker trauern um ihren ukrainischen Kollegen, der, wie Katchanovski belegt, Ende der 1990er Jahre die USA und Russland als Feinde des »Geistes der weißen Rasse« gebrandmarkt hatte. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) erklärte, sie sei »sehr betroffen« von der Todesnachricht. Grünen-Chefin Franziska Brantner würdigte Parubij als Kämpfer für »eine freie Ukraine in der EU«.
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