Protest gegen Sozialkahlschlag
Von David Siegmund-Schultze
Wo »Zukunftssicherungsbeitrag« draufsteht, stecken erhebliche Kürzungen zulasten von Menschen mit Behinderungen drin. Das werfen Verdi Hessen und zahlreiche Träger in der Sozialhilfe dem Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen vor. Deswegen ruft Verdi dazu auf, am Dienstag vor der Zentrale des LWV in Kassel zu demonstrieren – unter dem Motto »Soziale Arbeit in Hessen verlässlich und auskömmlich finanzieren«.
Der Hintergrund: Susanne Simmler, Landesdirektorin des LWV und SPD-Politikerin, ist jüngst vorgeprescht und hat ins Spiel gebracht, dass die Leistungserbringer in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen pauschal bis zu fünf Prozent weniger Gelder erhalten sollen. Mit vielen der Träger wurde bereits einzeln verhandelt und Druck aufgebaut, Kürzungspläne zu erstellen. »Die kleinen Träger sprechen davon, dass sie 25 Prozent ihrer Angebote für die Menschen einstellen müssten, wenn das Vorhaben so durchgeht«, sagt Anna Hoffmann, Fraktionsgeschäftsführerin der Linken im LWV, gegenüber jW. »Das läuft auf einen Rückschritt in die Zeit der 70er Jahre hinaus, als es lediglich eine stationäre Versorgung für Behinderte gab. Individuelle Angebote würden nicht mehr möglich sein.«
Mit dem zu 2018 in Kraft getretenen Bundesteilhabegesetz (BTHG) sind die Kosten in der Eingliederungshilfe rasant gestiegen. Jedoch nicht, weil es merkliche Verbesserungen für die Betroffenen mit sich brachte, sondern weil ein »Bürokratiemonster« geschaffen wurde, so Hoffmann. Außerdem gibt es immer mehr Menschen, die leistungsberechtigt sind. Die finanzielle Last bleibt in Hessen an den Kommunen hängen, die ohnehin bereits kaputt gespart sind. In einigen Bundesländern beteiligen sich auch die Länder. Der Bund, der das BTHG beschlossen hatte, übernimmt nirgends einen Teil der Kosten.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat auf dem Kommunalkongress des deutschen Städte- und Gemeindebundes Anfang Juni bereits die Jugend- und Eingliederungshilfe wegen angeblich zu hoher Kosten angegriffen. Bedürftige Menschen ohne mächtige Lobby müssen augenscheinlich den Preis für die Aufrüstungspolitik der Regierung zahlen. Dass der LWV Hessen diesem bundesweiten Kurs zuvorkommen will, nehmen die Betroffenen jedoch nicht einfach so hin. »Es darf nicht an uns gespart werden«, so Klaus Astheimer, Klient in einer inklusiven Arbeitsstätte und dortiger Werkstattrat, gegenüber jW. Auch er wird bei der Demo am Dienstag sprechen und seiner Wut Ausdruck verleihen.
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