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Aus: Ausgabe vom 15.08.2025, Seite 5 / Inland
Landwirtschaft

Mähdrescher auf Hochtouren

Erntesaison bei Getreide: Gute Ertragsmengen, aber Qualitätsverlust durch Regen und Hitze
Von Oliver Rast
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Weizen, Gerste und Raps werden eingeholt: Ein Wettlauf mit der Zeit und der Witterung (Kaeselow, 12.8.2025)

Die Sonne steht tief, Staub liegt in der Luft. Auf den Feldern Niedersachsens röhren die Mähdrescher bis spät in die Nacht. Es ist ein Rennen gegen die Uhr – und gegen das Wetter. »Das ist jetzt das perfekte Erntewetter«, wurde Konrad Westphale vom Landvolk Niedersachsen am Donnerstag in einer Verbandsmitteilung zitiert. »Sonne und Trockenheit kamen gerade noch rechtzeitig.«

Nach einem vielversprechenden Start mit guter Gerstenernte drohten starke Regenfälle im Juli und August die Erträge von Weizen, Roggen und Raps zu gefährden. Besonders in Norddeutschland stockte die Ernte. »Der Raps ist totreif und muss gedroschen werden«, warnte Frank Kohlenberg vom Bauernverband Weserbergland. Durch Hagel und Regen rieselten die Körner aus den Schoten. Auch beim Winterweizen herrschte Zeitdruck: »Backqualität kann nur gesichert werden, wenn er in den nächsten zwei Wochen gedroschen wird«, weiß Westphale.

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. In Niedersachsen sind 97 Prozent des Rapses und drei Viertel des Winterweizens geerntet. Die Erträge liegen teils deutlich über dem Vorjahr. Beim Weizen sind es 84 Dezitonnen pro Hektar – ein Plus von zehn Prozent. Doch Qualität und Ertrag sind regional unterschiedlich, hängen stark von örtlichen Wetter- und Bodenverhältnissen ab.

Auch bundesweit zeigt sich ein gemischtes Bild. Laut Deutschem Raiffeisenverband (DRV) vom Donnerstag wird die Getreideernte 2025 mit 43 Millionen Tonnen rund zehn Prozent über dem Vorjahr liegen. Beim Raps werden 3,9 Millionen Tonnen erwartet – sieben Prozent mehr. »Das Jahr hat gezeigt: Es gibt keine normalen Jahre mehr«, sagte DRV-Experte Guido Seedler. Die Qualitäten seien heterogen, die Fallzahlen – ein Maß für Backqualität – oft niedrig. Dennoch gibt Seedler vorsichtige Entwarnung: »Die Qualitätsverluste fallen geringer aus als befürchtet.«

In Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein ist die Lage noch angespannt. Viele Flächen sind zu nass, Mähdrescher können nicht fahren. »Die Qualität geht den Bach runter«, so Gesa Kohnke-Bruns von der Landwirtschaftskammer Hamburg jüngst gegenüber dem NDR. Landwirte hoffen deshalb auf eine stabile Trockenphase in den kommenden ein, zwei, drei Wochen.

Aber: Ernteertrag samt Qualität sind nicht nur boden- oder wetterbedingt, meint DRV-Geschäftsführer Philipp Spinne: »Wir müssen in Deutschland mehr zur globalen Ernährungssicherheit beitragen.« Dazu brauche es moderne Züchtung und eine »faktenbasierte Diskussion« über Biotechnologie. Umweltverbände und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) warnen hingegen vor einem »Blankoscheck für die Gentechnikindustrie«. »Mit neuen Gentechnikpflanzen werden wir die Klima-, Biodiversitäts- und Hungerkrise nicht lösen«, betonte unlängst Annemarie Volling von der AbL. Die geplante Deregulierung gefährde gentechnikfreie Landwirtschaft und bedrohe bäuerliche Existenzen.

Zurück auf die niedersächsischen Felder: Die Sonne ist längst verschwunden, nur ein fahler Streifen Licht liegt noch über den abgeernteten Äckern. Mähdrescher rollen gemächlich Richtung Hof, Motoren verstummen in der Dämmerung. Staub hängt schwer in der warmen Abendluft. Werktag beendet.

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