»Die Stadt muss sich gegen Rechte wehren«
Interview: Henning von Stoltzenberg
Im Dortmunder Kommunalwahlkampf verwendet die AfD das Stadtwappen auf ihren Plakaten. Die Stadt zieht deswegen gegen die Partei vor Gericht. Was ist der genaue Hintergrund?
Die Verwendung offizieller Stadtembleme ist genehmigungspflichtig. Die AfD hat aber keine Genehmigung beantragt. Mit der Verwendung suggeriert die AfD aber, dass die Stadtverwaltung mit den Positionen der AfD konform ginge. Das ist nicht der Fall. Daher ist es nur folgerichtig, dass die Stadt sich gegen eine Vereinnahmung durch die Rechtsextremisten zur Wehr setzt. Gleiches geschieht in bezug auf den BVB übrigens auch – die AfD wurde bereits vom BVB abgemahnt. Hier droht den Rechten ein teures Verfahren vor Gericht.
Wie argumentiert die AfD dagegen?
Die AfD behauptet, dass die CDU das Stadtwappen 2020 auch verwendet habe und es deshalb aufgrund einer Gleichbehandlung auch der AfD zur Verfügung stehen müsse. Die Stadt besteht nun darauf, dass die AfD die nicht genehmigten Werbemittel aus dem Wahlkampf zurückzieht. Das betrifft sowohl Plakate als auch Flugblätter und andere Werbemittel.
Wie bewerten Sie diesen Rechtsstreit?
Demokratie muss sich gegen Rechtsextremisten zur Wehr setzen. Insofern begrüße ich das Vorgehen der Stadtverwaltung. Gerade in Dortmund wird die Partei vom Rechtsaußenflügel rund um Björn Höcke dominiert – also von Leuten, die man auch gerichtsfest als Nazis bezeichnen darf.
Hat die Stadt keine bessere Handhabe gegen die Rechten?
Eine Stadt muss sich um alle drängenden Probleme kümmern. Dazu gehört es auch, Verfassungs- und Demokratiefeinde in die Schranken zu weisen. Der Aktionsplan gegen Rechtsextremismus ist ja auch vom Dortmunder Rat beschlossen worden und damit ein Handlungsauftrag für die Stadtverwaltung.
Welche Mittel sehen Sie, um den Rechtsruck wirksam zurückzudrängen, auch mit Blick auf die Neonaziszene in Dortmund?
In der Neonaziszene in Dortmund hat wieder ein Generationenwechsel stattgefunden. Die älteren Neonazis rund um SS-Siggi und die Band Oidoxie sind entweder im Gefängnis oder bereits gestorben. Die nächste Generation rund um Michael Brück hatte – aufgrund der umfangreichen Gegenproteste quer durch die Stadtgesellschaft einerseits und der »Soko rechts« der Dortmunder Polizei andererseits – ebenfalls den Weg in die Gefängnisse angetreten und wurde politisch marginalisiert. Nach der verlorenen Wahl 2020 sind diese Neonazis überwiegend nach Chemnitz geflüchtet, so dass sie heute keine große Rolle mehr in Dortmund spielen. Die Fusion der Partei Die Rechte mit der NPD zur Partei Die Heimat war bei den Kommunalwahlen erfolglos. Daher verzichten die Neonazis bei der Kommunalwahl 2025 auf einen eigenständigen Wahlantritt zugunsten der AfD. Ihr »Kamerad« aus Dorstfelder Zeiten, Matthias Helferich, spielt ja eine prominente Rolle bei der AfD in Dortmund und gehört zum Abstoßendsten, was die Partei derzeit bundesweit zu bieten hat. Nicht umsonst strebt der Landesverband ein Ausschlussverfahren an. Im Dortmunder Kreisverband hat der Mann allerdings umfassenden Rückhalt.
Neu ist eine Gruppe von jugendlichen Neonazis, die wieder militant auftreten, wie beispielsweise ein Überfall mit Baseballschlägern auf die linke Szenekneipe HirschQ zeigt. Hier reagiert die Polizei nun mit einer neuen Ermittlungskommission »Jungnationale«, die einerseits Druck auf die gewaltbereite Szene aufbaut und andererseits Ausstiegsangebote macht, damit die Jugendlichen diesen Pfad schnell wieder verlassen. Auch Die Linke muss den öffentlichen Druck auf die AfD und deren schlagende Truppen aufrechterhalten. Die wirksamste Maßnahme gegen Rechtsextremismus ist es allerdings, die sozialen Verhältnisse in der Stadt wieder zu verbessern. Dortmund muss wieder eine Stadt für alle werden.
Utz Kowalewski ist Fraktionsvorsitzender der Partei Die Linke im Dortmunder Stadtrat
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