Von Samen und Putschplänen
Von Kristian Stemmler
Für das Boulevardblatt Bild ist er der »China-Spion von Maximilian Krah«. Doch auch für Jian G., einen früheren Angestellten des AfD-Politikers Krah, der sich seit Dienstag vor dem Oberlandesgericht Dresden wegen angeblicher Spionage für China verantworten muss, gilt die Unschuldsvermutung. Die Verteidigung des Deutschen mit chinesischen Wurzeln wies zum Prozessauftakt den Vorwurf zurück, G. habe für den chinesischen Geheimdienst gearbeitet. Seine Tätigkeiten seien nicht auf die Weitergabe von Informationen ausgerichtet gewesen, sagte der Anwalt des Angeklagten laut dpa. Er habe sich auch nie dazu bereit erklärt.
Laut Anklage des Generalbundesanwalts soll Jian G. seit 2002 bei einem chinesischen Geheimdienst beschäftigt gewesen sein, was als Agententätigkeit in einem »besonders schweren Fall« gewertet wird. Als Assistent in Krahs Abgeordnetenbüro im Europäischen Parlament habe er von September 2019 bis zu seiner Festnahme im April 2024 Informationen gesammelt und an chinesische Stellen weitergereicht. Mehr als 500 Dokumente habe er zusammengetragen, darunter auch einige als »besonders sensibel« eingestufte. Zudem habe er Informationen über die AfD-Führung zusammengetragen und chinesische Regierungsgegner ausgespäht. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Der Angeklagte will sich im Prozess nicht selbst äußern. Sein Anwalt stellte ihn als engagierten Mitarbeiter Krahs dar. Es werde sich zeigen, ob G. »007 oder lediglich 08/15« sei. Sein Mandant habe sich als Assistent des EU-Abgeordneten vorwiegend mit dem Thema Außenhandel beschäftigt, erklärte der Verteidiger am Dienstag. Zu seinem Aufgabenfeld hätten wegen seiner Herkunft und seiner Sprachkenntnisse auch die Beziehungen zu China gehört. In diesem Rahmen habe er Gespräche geführt, so der Anwalt. Dass die Gesprächspartner Verbindungen zum chinesischen Geheimdienst gehabt hätten, sei nicht auszuschließen.
Zum Prozessauftakt hatte der Spiegel aus Dossiers zitiert, die Jian G. über die AfD-Spitze erstellt haben soll. Demnach habe G. Details aus vertraulichen Gesprächen mit Krah an den chinesischen Geheimdienst weitergeleitet – Details, die allerdings eher skurril anmuten als politisch relevant. So habe Krah seinem Assistenten anvertraut, von wem angeblich der Samen stammte, mit dem eines der Kinder der AfD-Chefin Alice Weidel und ihrer Partnerin gezeugt wurde. Auch von einem angeblichen Putschplan des Kovorsitzenden Tino Chrupallas gegen Weidel habe er seinem Mitarbeiter berichtet.
Mitangeklagt ist in dem Prozess die Chinesin Jaqi X., der Ermittler vorwerfen, dem Beschuldigten zugearbeitet zu haben. Sie arbeitete für ein Logistikunternehmen am Leipziger Flughafen und soll dem Angeklagten wiederholt Daten über Flüge, Fracht und Passagiere übermittelt haben – insbesondere zum Transport von Rüstungsgütern. In dem Prozess sind bis Ende September 13 Verhandlungstermine angesetzt.
Keine Rolle werden in dem Prozess vermutlich die Kontakte von Jian G. zu deutschen Geheimdiensten spielen, über die kurz nach seiner Festnahme im April 2024 Medien berichteten. Demnach hatte sich G. 2007 dem Bundesnachrichtendienst (BND) als Quelle angeboten. Doch Pullach lehnte dankend ab. Danach habe der sächsische Verfassungsschutz Jian G. angesprochen, ihm aber keine Aufträge erteilt, sondern lediglich »abgeschöpft«. 2018 sei der Informant »abgeschaltet« worden.
Gegen Krah selbst, der im Februar in den Bundestag gewählt wurde, ermittelt inzwischen die Generalstaatsanwaltschaft Dresden. Laut Spiegel habe der AfD-Politiker mehr als 50.000 Euro von Firmen aus dem Umfeld von Jian G. erhalten.
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