Brisante Bosbach-Burleske
Von Niki Uhlmann
Alles ist käuflich, solang der Preis stimmt. Kapitalisten wissen darum. Durchschnittliche Politiker müssen erst lernen, dass das auch, nein, mit zunehmendem Einfluss gerade für sie gilt und dass ihre Wähler, die vermeintlichen Souveräne, ihnen die Käuflichkeit, sollte sie zu offensichtlich durchscheinen, übelnehmen. Gemeingefährlich aber sind Politiker dann, wenn sie über rhetorische Kniffe hinaus die Sprache des Geldes – und das nötige Geld – beherrschen, sie also nicht nur gekauft werden, sondern selbst kaufen können.
Genau dessen hat sich die CDU-Bundestagsabgeordnete Caroline Bosbach verdächtig gemacht. Am Montag abend ging selbst ihr Kreisverband, die CDU Rhein-Berg, auf Distanz: Bosbach habe bislang »nicht zur hinreichenden Aufklärung beigetragen«. Da sie die Sitzung des Kreisvorstands geschwänzt habe, erwarte man bis zum 8. August eine schriftliche Stellungnahme. Die CDU Rhein-Berg will von Bosbach wissen, was es mit der »mutmaßlich unbegründeten Rechnungsstellung und Bargeldübergabe« im vergangenen Bundestagswahlkampf auf sich hat. Da »schon der Verdacht« auf »finanzielle Unregelmäßigkeiten bei Wahlkämpfen« parteischädigend sei, habe man beschlossen, »sämtliche vorliegenden Unterlagen zur unabhängigen Prüfung an die Staatsanwaltschaft Köln weiterzuleiten«.
Den zweiten und wohl schwerwiegenderen gegen Bosbach erhobenen Vorwurf, Stimmenkauf bei der Wahl zum Kreisvorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), sei indes intern geprüft worden. Bosbachs mutmaßlicher Komplize, Uwe Pakendorf, hätte »glaubhaft« darlegen können, »keiner Person, die er für die MIT geworben habe, Geld angeboten oder bezahlt« zu haben. T-online und ARD hatten jüngst berichtet, Bosbach habe für einen Eintritt in die MIT rund 100 Euro in Aussicht gestellt und kostenlose Bewirtung versprochen, um die Wahl des Führungsteams inklusive ihrer selbst zu sichern. Als Sprungbrett für das im Frühjahr gegen Christian Lindner (FDP) gewonnene Direktmandat hat das Amt mitunter getaugt.
»Ich habe mich nicht bereichert, und der CDU Rhein-Berg ist kein Schaden entstanden«, beteuerte Bosbach am Montag in einer Videobotschaft auf Instagram. Die »Scheinrechnungen« habe es nicht gegeben. »Inzwischen entlassen« sei der Auszubildende des Kreisverbands, der sich selbst dafür angezeigt hatte, eine fingierte Rechnung über 2.500 Euro im Auftrag Bosbachs gestellt und ihr das Geld nach Zahlungseingang überreicht zu haben. Außerdem habe sie »auch abrechenbare Auslagen im Wahlkampf nie zur Erstattung eingereicht«.
Man kritisiere sogar, klagte Bosbach, dass sie »vorsorglich direkt 2.500 Euro an die CDU überwiesen« hat, als die Vorwürfe publik wurden. Dass so einer Überweisung ein Schuldbewusstsein vorausgesetzt ist, drängt sich allerdings auf. Sie habe jedenfalls »großes Vertrauen in unseren funktionierenden Rechtsstaat« und »kooperiere hier natürlich in vollem Umfang«. Die MIT-Vorwürfe betreffend sprach sie von »manipulierten Chatverläufen, die der Presse zugespielt« worden seien. Wie sie gegen diese Schmierkampagnen vorgehen könne, werde aktuell geprüft. Dafür hat Bosbach den rechten Szeneanwalt Ralf Höcker engagiert.
Der ganze Tumult kommt zur Unzeit. Im September stehen Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen an. Dass CDU-Mitglieder eine direkt gewählte Bundestagsabgeordnete grundlos anschwärzen, scheint unwahrscheinlich, zumal ihr stockkonservativer Vater, Wolfgang Bosbach, vor Ort ein altgedienter Parteikader ist. Womöglich kann Caroline Bosbach ihre Kritiker vorübergehend mit angemessenen Geldbeträgen zum Schweigen bringen. Als studierte Wirtschaftskommunikatorin und augenscheinlich wohlhabende Lobbyistin dürfte ihr das nicht schwerfallen.
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