Aus Leserbriefen an die Redaktion

Starke Persönlichkeiten
Zu jW vom 16.7.: »Nach drüben«
Peter Hacks war zweifellos eine herausragende Persönlichkeit, aber auch ein Exot. Das machte ihn sowohl als Schriftsteller als auch als Menschen besonders interessant für manch andere prominente Zeitgenossen. Mit Friedrich Karl Kaul verband ihn eine mehr als zehnjährige Freundschaft, die letztlich an Missverständnissen über die Interpretation eines Stückes von Hacks zerbrach, obgleich die politischen Überzeugungen der beiden Protagonisten nahe beieinanderlagen. Eine spätere Wiederannäherung scheiterte letztlich daran, dass zwei starke Persönlichkeiten nicht selten Schwierigkeiten damit haben, dass einer auf den anderen zugeht und nachgibt. Lange nach Kauls Tod hat sich Hacks trotz allem immer wieder wohlwollend an ihn erinnert.
Ralph Dobrawa, Gotha
DDR-Erfahrungen
Zu jW vom 24.7.: »Der verstaatlichte Bauer«
Über Vergenossenschaftlichung landwirtschaftlicher Betriebe zu reden (bzw. zu schreiben), ist nicht nur unproduktiv, sondern geradezu sinnlos, wenn man die Erfahrungen mit den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) der DDR nicht berücksichtigt, ja nicht einmal erwähnt. Dieser Beitrag verfehlt einfach das Thema. – Da nützt auch ein Engels-Zitat nichts. – Nach der »Zwangskollektivierung« wurde im Juni 1990 erfolglos versucht, die Auflösung der LPG durchzusetzen. Entgegen den verbreiteten Erwartungen westdeutscher Politiker haben nach der »Wende« eben nicht scharenweise »Neueinrichter« die LPG verlassen, sondern diese sind im Rahmen eben dieses Gesetzes in Genossenschaften bürgerlichen Rechts umgewandelt worden – also faktisch als LPG und damit als bedeutender ökonomischer Faktor erhalten geblieben. Die Erfahrungen mit den unterschiedlichen Formen des Gemeineigentums, die in den verschiedenen LPG-Typen ihren Ausdruck fanden, berücksichtigten unter anderem das enge Verhältnis der Bauern zu ihrem Grund und Boden ebenso wie ihr Verhältnis zu ihren Tieren (zum Beispiel zu »Liese« und »Lotte«). So war der Übergang vom Typ 1 zu Typ 3 fast nahtlos, denn wenn ein LPG-Mitglied in Rente ging, wurden die Tiere von der LPG übernommen. Zur Rolle der Demokratie: Einige Bauern in unserem Dorf fragten die Agitatoren, die sie zum Eintritt in die LPG bewegen wollten: »Ist Max (das war mein Vater) schon dabei?« Als er »dabei« war, wählten sie ihn zum Vorsitzenden. Wenn heute über die dort herrschende Demokratie gehöhnt wird: »Die LPG wurden formal demokratisch geleitet«, so kann ich ein Lied davon singen, wie mein Vater versuchte, ein Förderband zu erwerben, um die schwere körperliche Arbeit zu verringern. Dafür war eine Stimmenmehrheit der Mitglieder erforderlich, und die war manchmal schwer zu erreichen. Es wäre wünschenswert, über dieses Thema gelegentlich einen fundierteren Beitrag in der jW zu lesen.
Erhard Kiehnbaum, Greifswald
Doppelmoral
Zu jW vom 25.7.: »Annexion abgesegnet«
Auch bei der Annexion der besetzten Gebiete des Westjordanlands durch Israel zeigt sich die Doppelmoral der westlichen Staaten bzw. Deutschlands: Gab es einen riesigen Aufschrei, als Russland die Halbinsel Krim »annektierte«, hüllt sich nun die westliche Welt und insbesondere die Bundesregierung in Schweigen. Das zeigt deutlich ihre Doppelmoral … Anscheinend haben die israelische Regierung und Armee einen Freifahrtschein für ihr Handeln und Tun, und das nicht nur im Westjordanland, sondern auch bei dem Krieg Israels im Gazastreifen gegen die palästinensische Bevölkerung. Denn auch da geht es der israelischen Regierung um den Präsidenten Benjamin Netanjahu schon lange nicht mehr nur um die »Terrororganisation Hamas«. Aber auch hier hüllt sich die Bundesregierung in Schweigen und liefert weiter Waffen an den Staat Israel.
René Osselmann, Magdeburg
Japans KP
Zu jW vom 22.7.: »Ishiba macht weiter«
Erwähnenswert wäre auch, dass die Kommunistische Partei Japans (KPJ) vier Sitze verloren hat. Eigentlich verdient die Partei diesen Namen nicht, da sie eher konservativ aufgestellt ist, zu vergleichen mit den US-Demokraten, dem Parti Socialiste in Frankreich oder der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE), die ihren Namen auch nicht verdienen. Die KPJ hat sich vor vielen Jahren von revolutionären Prinzipien losgesagt. Ja, sie begrüßte sogar das Ende der UdSSR und der KP, weil diese »evil« waren. Dabei hat die KPJ viel Geld; die Zentrale ist in einem mehrstöckigen Hochhaus in bester Lage, das ihr gehört, wie auch andere Immobilien. Will sagen, mit einer Erneuerung der konservativen und überalterten Führung (das ist vielleicht der Bezug zur Sowjetunion) könnte die Partei versuchen, eine echte Opposition zu bilden und der Politikverdrossenheit der japanischen Bevölkerung, insbesondere der Jugend, entgegenzuwirken.
Martin Mandl, Paris (Frankreich)
Kein Halten
Zu jW vom 31.7.: »Strich durch die Rechnung«
Wenn der Herr Kriegsbeil erst mal selbiges ausgegraben hat, gibt es kein Halten mehr. Dann muss der Teil der Infrastruktur fit gemacht werden, der für die Kriegstüchtigkeit relevant ist. Die gebeutelte Bevölkerung, die man nicht fragt, wird die Maßnahmen schon irgendwie unter Freiheit und Demokratie verbuchen.
Christel Harke, Aschersleben
Es war einmal …
Zu jW vom 29.7.: »Zugunfall in Riedlingen«
Früher, vor langer Zeit, man meint schon fast, es sei ein Märchen, waren Landschaftsingenieure bei der Deutschen Bahn beschäftigt. Diese fuhren auf Zügen mit, beobachteten den Bahndamm und machten sich Notizen. Bei den Kollegen nicht immer beliebt, aber wie wir heute sehen, wo es sie nicht mehr gibt, durchaus sinnvoll. Sie konnten rechtzeitig vor fallenden Ästen, unterspülten Bäumen oder rutschenden Hängen warnen. Die kosten einfach zuviel, fand der Vorstand.
Gabriel Toledo, Berlin
Gab es einen riesigen Aufschrei, als Russland die Halbinsel Krim »annektierte«, hüllt sich nun die westliche Welt und insbesondere die Bundesregierung in Schweigen
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