Strich durch die Rechnung
Von David Maiwald
Die Etatplanung der kommenden Jahre werde eine »enorme Herausforderung«, ließ Finanzminister Lars Klingbeil am Dienstag von seinem Truppenbesuch in der litauischen Hauptstadt Vilnius hören. Jedem Ministerium werde »etwas abverlangt«, und der Haushalt werde nur aufgehen, »wenn alle bereit sind, sich zu bewegen«. Schließlich müssten alle schauen, »wo eingespart werden kann«. Er reagierte damit auf die verbreitete Nachricht, die Finanzplanung für die kommenden fünf Jahre weise einen »Handlungsbedarf« von rund 172 Milliarden Euro auf. »Haushaltslücke« schallte es daraufhin aus dem Blätterwald. Die Rechnung ging auf: Was die »Regierungskreise« verbreitet hatten, machte unhörbar, was sie tatsächlich planen.
Der Umbau zur »grünen« Produktion ist es jedenfalls nicht. Es würde schon eine Erfolgsgeschichte, »wenn die Hälfte der geplanten Mittel abfließen würde«, kommentierte etwa das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung am Mittwoch das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität. Das Ergebnis dürfte schlimmer ausfallen, wenn die scheinbare Klimaförderung letztlich für LNG-Terminals dient, mit denen das von der EU bestellte US-Frackinggas für eine Dreiviertelbillion Euro anlandet. Den vielbeschworenen »grünen« Stahl zu produzieren, haben die ersten Unternehmen schon wieder aufgegeben, weil er sich bei den drastisch gestiegenen Energiepreisen der vergangenen Jahre nicht finanzieren lässt. Das werden auch immer neue Steuergeschenke nicht richten.
Steuersenkungen sind geplant, doch wird der »Wachstumsbooster« für die Wirtschaft der Verelendungsbooster für die Bevölkerung sein. Während Bildung, Pflege und Kinderbetreuung aktiv zurückgebaut werden, steigen die Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung für jeden einzelnen an. Was für Kommunen und Gemeinden in den kommenden Jahren wegfällt, betrifft die unmittelbare Lebensrealität jener, die auf eine steuerfinanzierte Infrastruktur angewiesen sind. Entlastung bei Energiepreisen? Höherer Mindestlohn? Mitnichten: Wer mehr als das Minimum erhält, soll länger arbeiten müssen. Wer mit dem Bürgergeld schon unter staatlich beaufsichtigter Armut lebt und arbeitet, soll sanktioniert werden.
Die Bundesregierung hat in den kommenden fünf Jahren mehr als 460 Milliarden Euro für die Herstellung von Mordwerkzeug vorgesehen. Allein im kommenden Jahr werden die Rüstungsausgaben die Staatsaufwendungen für bezahlbaren Wohnraum planmäßig um mehr als das 20fache übersteigen. Bis 2030 werden sie dann annähernd verdoppelt, um dem Rüstungsziel der NATO zu entsprechen. Das sind Kriegsvorbereitungen. Die 166 Milliarden Euro für Verkehrsinfrastruktur dienen lediglich dazu, dass ein neuer »Panther« nicht schon vor Dresden zu einem »Carolabrücke«-Ereignis führt. Soll dieser Krieg verhindert und der Kahlschlag an der Fürsorge gestoppt werden, gehört ein Strich durch ihre Rechnung. Das ist Herausforderung genug.
75 für 75
Mit der Tageszeitung junge Welt täglich bestens mit marxistisch orientierter Lektüre ausgerüstet – für die Liegewiese im Stadtbad oder den Besuch im Eiscafé um die Ecke. Unser sommerliches Angebot für Sie: 75 Ausgaben der Tageszeitung junge Welt für 75 Euro.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Christel H. aus Aschersleben (31. Juli 2025 um 10:55 Uhr)Wenn der Herr Kriegsbeil erst mal selbiges ausgegraben hat, gibt es kein Halten mehr. Dann muss der Teil der Infrastruktur fit gemacht werden, der für die Kriegstüchtigkeit relevant ist. Die gebeutelte Bevölkerung, die man nicht fragt, wird die Maßnahmen schon irgendwie unter Freiheit und Demokratie verbuchen.
- Antworten
Mehr aus: Ansichten
-
Umweltversuchsanstalt des Tages: Wacken Open Air
vom 31.07.2025