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Aus: Ausgabe vom 30.07.2025, Seite 2 / Inland
Antimilitarismus

»Die Friedensfrage ist das zentrale Kampffeld«

Köln: Antikriegskonferenz zu revolutionären Antworten auf die zunehmende Militarisierung. Ein Gespräch mit Nora Winter
Interview: Henning von Stoltzenberg
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Griechische Hafenarbeiter blockieren die Verladung von Kriegsgerät für Israel (Perama, 16.7.2025)

Sie haben am Wochenende in Köln eine »Konferenz gegen Krieg« abgehalten. Was stand auf dem Programm?

Der Tag begann mit einer Veranstaltung unter dem Titel »Imperialistische Zeitenwende«. Eine Vertreterin von Perspektive Kommunismus stellte darin eine Analyse zentraler Entwicklungen und aktueller Umbrüche im imperialistischen Weltsystem vor und wie sich die Kampfbedingungen dadurch hier in Deutschland ändern. Im Fokus stand der aktuelle Umbau der Bundesrepublik von einem Staat, der seine Interessen vor allem mit Kapital- und Warenexport durchsetzt, hin zu einer Militärmacht mit aggressiverem Kurs in der imperialistischen Konkurrenz und einer offenen Vorbereitung auf den nächsten großen Krieg. Der Vortrag endete mit Thesen zu Herausforderungen für revolutionäre Kräfte. Zum Beispiel der Umgang mit dem Widerspruch zwischen der Notwendigkeit, linke Kräfte gegen die zunehmende staatliche Repression zu schützen und der Relevanz einer offenen revolutionären Praxis in der aktuellen Krisenphase.

Im Anschluss gab es einen Vortrag von der Widerstandsvernetzung aus der Schweiz. Sie erklärten anhand ihres Verhältnisses zu Rojava, was revolutionärer Internationalismus für sie bedeutet: Ein praktisches Verhältnis und eine eigene Analyse der revolutionären Kämpfe in anderen Ländern entwickeln und eigene politische Räume für eine internationalistische Zusammenarbeit schaffen, immer mit dem Ziel, die Kräfte für den Klassenkampf vor der eigenen Haustüre aufzubauen. Besonders wichtig war es ihnen, den aktuellen Friedensprozess der PKK nicht einfach von außen als gut oder schlecht zu bewerten, sondern zu verfolgen, wie die dortige Bewegung versucht, sich neuen Bedingungen anzupassen und weiterhin Bezüge zu den revolutionären Elementen des dortigen Prozesses zu suchen.

Es folgte ein Workshop, in dem die Teilnehmenden diskutierten, wie man der Militarisierung ganz praktisch entgegentreten kann: ob beim Bundeswehrstand auf der Messe, oder bei Propagandaevents wie dem »Tag der Bundeswehr«.

Weiter ging es mit einem Vortrag vom Journalisten Peter Nowak über die Bedeutung der Zimmerwalder Linken im Ersten Weltkrieg und was wir für heute daraus lernen können. Im Mittelpunkt stand die Erkenntnis, dass nur die arbeitende Klasse ein kollektives Interesse und die Macht hat, imperialistische Kriege zu beenden.

Das Abschlussreferat von Perspektive Kommunismus über revolutionären Antimilitarismus fasste den Tag noch einmal zusammen. Es gehe nicht darum, intellektuelle Debatten zu führen, sondern aktiv zu werden. Zitat: »Wir brauchen eine revolutionäre, klassenkämpferische Friedenspolitik. Eine, die den Krieg nicht nur als moralisches Problem betrachtet, sondern als Folge des kapitalistischen Systems. Eine, die aktiv gegen Kriegsvorbereitung kämpft – hier und heute.«

An wen richtete sich die Konferenz konkret?

Es waren vor allem junge Kommunistinnen und Kommunisten vor Ort, die nach Ansätzen suchen, um die Friedensfrage als zentrales Kampffeld dieser Zeit anzugehen.

Haben Sie den Eindruck, dass die Friedensfrage in den fortschrittlichen Jugendorganisationen eine untergeordnete Rolle einnimmt?

Nein und ja. Nein, weil zum Beispiel das Thema Wehrpflicht und Kriegsdienstverweigerung von vielen thematisiert wird, und die Frage, wie man eine Bewegung dagegen organisieren kann, offen im Raum steht. Ja, weil dann über einen moralischen Appell hinaus oft wenig passiert.

Was unterscheidet ihre Konferenz von denen der bürgerlichen Friedensbewegung?

Wir sind keine Pazifistinnen und Pazifisten. Wir wollen uns nicht nur der Militarisierung widersetzen, wir wollen sie bekämpfen. Wir sagen nicht umsonst: Krieg dem Krieg. Deswegen haben wir großen Wert darauf gelegt, den Genossinnen und Genossen Analysen und Material mit an die Hand zu geben, die sie bestärken, selbst die Initiative zu ergreifen.

Haben Sie sich auf weitere Vorhaben verständigt?

Ja, zum einen haben wir verabredet, dass wir uns in einem Monat zu den Rheinmetall-Entwaffnen-Aktionstagen in Köln wieder treffen, zum anderen, dass wir gemeinsam unter dem Slogan »Krieg dem Krieg« eine Praxis entwickeln wollen, die Sand in das Getriebe der Kriegsmaschinerie streut.

Nora Winter ist Sprecherin der Kampagne »Krieg dem Krieg«

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