Pfau sucht Thron
Von Knut Mellenthin
Es werde »vielleicht die größte Versammlung« von Gegnern der 1979 gegründeten Islamischen Republik Iran, hatte der Sohn des damals gestürzten Schahs angekündigt. Ob dieses hochgesteckte Ziel am vergangenen Sonnabend wirklich erreicht wurde, darf bezweifelt werden. Gesichert ist, dass an diesem Tag in München, das schon seit über 100 Jahren abgehalfterte und ambitionierte Exilpolitiker magisch anzieht, eine Saalveranstaltung mit rund 500 Teilnehmern stattfand. Stargast war der »Kronprinz« Reza Pahlavi. Seine Mutter, Farah Pahlavi, und die 2003 mit dem Friedensnobelpreis ausgestattete iranische Juristin Shirin Ebadi hatten Grußvideos übermittelt.
Um die Bedeutung der Versammlung richtig einzuschätzen, müsste man mehr über die Herkunft der Teilnehmer wissen. Grundsätzlich sind 500 Teilnehmer nicht sonderlich viel in einem Land wie Deutschland, wo laut Schätzungen 330.000 Menschen »mit iranischem Hintergrund« leben – deutlich mehr als in anderen europäischen Staaten.
In Wirklichkeit ist der »Kronprinz« unter den über vier Millionen Iranern, die außerhalb ihres Landes in vielen Teilen der Welt leben, kein gemeinsamer Hoffnungsträger, sondern höchst umstritten. Ähnlich wie den »Volksmudschaheddin« von Maryam Rajavi, die ihr Hauptquartier seit 2013 in Albanien haben, nehmen viele, wahrscheinlich die meisten Iraner ihm übel, dass er mit erklärten Feinden der Islamischen Republik gemeinsame Sache macht und sie geradezu in die Schlacht zu zerren versucht: Die »Volksmudschaheddin« hatten den von Saddam Hussein regierten Irak propagandistisch und militärisch unterstützt, als dieser seine Truppen im September 1980 in das Nachbarland einmarschieren ließ und einen verheerenden Krieg auslöste, der erst im August 1988 endete, nachdem mehr als 500.000 Menschen getötet worden waren.
Heute steht der Irak als Bündnispartner dieser Opposition nicht mehr zur Verfügung. Statt dessen setzt der 64jährige auf die gewaltsame »Befreiung« seiner Untertanen durch die Luftwaffen der einzigen Demokratien des Nahen Ostens, Israel und USA. Am 23. Juni fand in Paris eine Versammlung der »iranischen Opposition« statt, bei der der »Kronprinz«, der routiniert öffentlich behauptet, er strebe gar kein politisches Amt an, seine Bereitschaft erklärte, »sich an die Spitze des politischen Übergangs seines Landes zu stellen«. Pahlavi wandte sich in seiner Ansprache sowohl auf persisch als auch auf englisch »an sein Volk«, schrieb die französische Tageszeitung Le Monde.
Die Gelegenheit dafür schien günstig: Einen Tag vorher hatten die US-Streitkräfte sich mit dem Abwurf superschwerer Bomben auf die Zentren des iranischen Atomprogramms Fordo, Natanz und Isfahan in die Militäroperationen eingeschaltet, die Israel am 13. Juni begonnen hatte. Am 30. Juni besuchte Reza Pahlevi London, um mit britischen Abgeordneten zu sprechen. In Washington wirbt er für den von beiden großen Kongressparteien eingebrachten Maximum Support Act. Dieser schreibt die Entwicklung einer mehrere Behörden umfassenden US-Strategie zur »Unterstützung der Internetfreiheit« im Iran und die Kennzeichnung des Teheraner Ministeriums für Nachrichtendienste und Sicherheit als »ausländische Terrororganisation« vor. Zum Zeitpunkt der Jubelveranstaltung in Paris war der »Kronprinz« wahrscheinlich schon informiert, dass Israel am nächsten Tag eine Waffenruhe akzeptieren würde.
»Wenn Reza Pahlevis Vater noch Schah wäre, hätte er seinen Sohn wegen Verrats hinrichten lassen. Wäre sein Großvater noch am Leben, hätte er das getan, ohne ihm den Prozess zu machen«, postete der unter iranischen Exilanten in den USA einflussreiche Oppositionelle, Publizist und Organisator Trita Parsi auf X. Eine nicht sehr große Dynastie, deren Geschichte genaugenommen erst im Dezember 1925 mit einem Militärputsch begann, steht am Ende.
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