Verteidigung auf Langstrecke
Von Max Grigutsch
Angriff ist die beste Verteidigung, weiß jeder – auch die Bundeswehr. Dafür setzt sie auf »Deep-Strike-Drohnen«, also unbemannte Fluggeräte, die Ziele weit in feindlichem Territorium angreifen können sollen. Bis 2029 will das deutsche Militär ein umfassendes Arsenal solcher Waffensysteme aufgebaut haben, berichtete das Handelsblatt (Montagausgabe). »Es gibt erste Informationsgespräche zu diesem Themenbereich«, zitierte das Blatt das Verteidigungsministerium. Eine konkrete Ausschreibung gebe es demnach noch nicht. Trotzdem baut das Rüstungskapital bereits derartige Kompetenzen auf, allen voran Airbus, Rheinmetall und Helsing.
Im Juli 2024 haben Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Schweden und das Vereinigte Königreich den European Long-Range Strike Approach beschlossen. Das Ziel: die Entwicklung von Langstreckenraketen mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern, um auf eine etwaige Aggression Russlands vorbereitet zu sein. »Ich möchte, dass Deutschland eine führende Rolle bei der Umsetzung übernimmt«, bekräftigte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am vergangenen Donnerstag in Osnabrück. Die »Taurus«-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern mögen für die neben Russland liegende Ukraine ausreichen; von Deutschland aus beträgt die Luftlinie zur nächsten russischen Grenze allerdings schon mehr als 1.000 Kilometer.
Diese Distanz soll künftig auch mit unbemannten und teilweise von künstlicher Intelligenz gesteuerten Drohnen überbrückt werden. In den Startlöchern für die Deep-Strike-Drohnenproduktion steht Airbus Defence, das zusammen mit der US-Waffenschmiede Kratos dessen »XQ-58A Valkyrie«-Drohne bis 2029 für den deutschen Bedarf umrüsten will. Auch der Düsseldorfer Konzern Rheinmetall hatte im Juni eine Partnerschaft mit der US-Drohnenfirma Anduril angekündigt. Eine komplett auf deutscher Technologie basierende Lösung will das Münchner »Startup« Helsing anbieten. Dem Handelsblatt liegt ein Dokument vor, aus dem hervorgeht, dass die Firma zusammen mit dem kürzlich übernommenen Flugzeugbauer Grob den Bau einer Kampfdrohne plane.
Nicht nur Langstreckendrohnen versprechen Profite. Unterstützung bekommt die deutsche Luftwaffe auch von Elbit Systems. Der israelische Rüstungsfabrikant stellt seine militärische »Verteidigungstechnologie« besonders in Gaza zur Schau. Überzeugt davon ist die Bundeswehr. Laut einem Haaretz-Bericht vom Montag abend habe die Luftwaffe »Dircm«-Raketenabwehrsysteme im Wert von 260 Millionen US-Dollar bei Elbit bestellt, um damit ihre Airbus-A400M-Transportflugzeugflotte auszustatten. Die »Dircm«-Systeme können an Fluggeräten angebracht werden und aus der Luft heranfliegende Raketen abschießen.
Und nicht nur klassische Waffenhersteller buhlen um deutsche Rüstungsmilliarden. Am Dienstag verkündete der Maschinenbauer Heidelberger Druck den Einstieg ins Rüstungsgeschäft. In Partnerschaft mit Vincorion Advanced Systems positioniere sich die Firma »erstmals mit einem konkreten Projekt im Verteidigungssektor«, heißt es in einer Mitteilung. Mit der Entwicklung von Energieregelungs- und -verteilungssystemen in der BRD leiste das Unternehmen »einen wichtigen Schritt in Richtung größerer technologischer Unabhängigkeit und zur Stärkung der industriellen Basis«, wird Chef Jürgen Otto zitiert.
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