Jesidische Familie parallel zu erfolgreichem Eilantrag abgeschoben

Potsdam. Eine jesidische Familie mit vier minderjährigen Kindern aus Brandenburg ist in den Irak abgeschoben worden, obwohl sie am selben Tag Erfolg mit einem Eilantrag gegen die Abschiebungsandrohung hatte. Ein Sprecher des Brandenburger Innenministeriums sagte am Mittwoch, die Familie sei am Dienstag mit einem Flug von Leipzig aus abgeschoben worden. Für das Asylverfahren ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig, für die Abschiebung das Land Thüringen. Das Verwaltungsgericht Potsdam hob am Dienstag eine Entscheidung auf, nach der die Familie ausreisepflichtig war.
Das Bundesamt erklärte, in jedem Fall werde individuell geprüft, ob ein Schutz nach dem Asylgesetz erteilt werde. »Dabei dürfen Integrationsleistungen, so löblich sie auch sind, nicht berücksichtigt werden«, teilte ein Sprecher gegenüber dpa mit. Bei der Zuerkennung von Schutztiteln gehe es »ausschließlich um die Gefahr, die Antragstellenden bei einer möglichen Rückkehr in ihr Herkunftsland droht«. Integrationsleistungen könnten aber eine Rolle bei der Entscheidung über Duldung eine Rolle spielen. Dazu könne das Bundesamt aber aufgrund fehlender Informationen keine Aussagen tätigen.
Die sechsköpfige Familie, die laut RBB seit 2022 in Lychen in der Uckermark lebte, klagte 2023 gegen die Ablehnung ihres Antrags auf internationalen Schutz und die Androhung der Abschiebung vor dem Verwaltungsgericht. Da die Ansprüche auf Flüchtlingsschutz oder subsidiären Schutz aus Sicht des BAMF nicht vorlagen, wurde der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Dies hatte eine Ausreisepflicht von einer Woche zur Folge. Subsidiärer Schutz greift, wenn weder Flüchtlingsschutz noch Asylberechtigung gewährt werden können und ernsthafter Schaden droht.
Die Familie wollte per Eilantrag die aufschiebende Wirkung der Klage erreichen, das wies das Verwaltungsgericht im April 2023 ab. Damit war die Familie unabhängig vom Ausgang der Klage ausreisepflichtig. Im April 2025 verhandelte das Gericht über die Klage auf Zuerkennung des internationalen Schutzes. Das Urteil dazu wurde der Familie noch nicht zugestellt. Am Dienstag stellte die Familie beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag, um den Eilbeschluss von April 2023 zu ändern. Doch da war die Abschiebung per Flug schon eingeleitet. Das Gericht hob die frühere Entscheidung nach Angaben eines Sprechers am Nachmittag auf, weil es wegen neuerer Umstände Zweifel hatte, dass die Ablehnung des Flüchtlingsschutzes durch das BAMF als offensichtlich unbegründet rechtmäßig war. Mit dem Abschiebeflug von Leipzig nach Bagdad waren am Dienstag 43 Menschen in den Irak gebracht worden. (dpa/jW)
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