»Gerade jetzt muss der Druck maximal erhöht werden«
Interview: Henning von Stoltzenberg
In Berlin fordern aktuell Unterstützer vor dem Sitz des Auswärtigen Amts, dass die Bundesregierung die Freilassung von Maja T. aus ungarischer Haft erwirkt. Gegen T. läuft ein Verfahren wegen mutmaßlicher Beteiligung an körperlichen Angriffen mit Hammern auf Neonazis in Budapest 2023. Wer engagiert sich für das aufgebaute Protestcamp?
Das Camp wird derzeit von einem antifaschistischen und klassenkämpferischen Aktionsbündnis aus LGBTI+-Organisationen, Jugend-, Frauen- und Arbeiterorganisationen und Einzelpersonen getragen. Uns eint der Kampf für Majas Freiheit sowie die aller inhaftierten Antifaschistinnen und Antifaschisten. Gerade jetzt ist besonders wichtig, im Angesicht der Repression gegen Maja strömungsübergreifend zusammenzustehen.
Welches übergeordnete Ziel verfolgen Sie?
Unser Ziel ist, uns gegen den Angriff auf den kämpferischen Antifaschismus insgesamt zu verteidigen. Denn darum geht es in der Solidaritätsarbeit zum Budapest-Komplex: aufzeigen, dass der konsequente Kampf gegen Nazis legitim und kein Verbrechen ist. Aus diesem Grund sind alle Personen aus dem antifaschistischen Spektrum eingeladen, zum Camp zu kommen, und sich an der Gestaltung zu beteiligen.
Was ist dort geplant und wie lange soll das dauern?
Das Camp soll als Ausgangspunkt für vielfältige Aktionen in Solidarität mit Maja im ganzen Stadtgebiet dienen: von Megaphon- und Flyeraktionen bis zu anderen Aktivitäten mit großer Öffentlichkeitswirksamkeit. Vor Ort werden dafür immer wieder Aktionsplena stattfinden. Am Montag sind zudem Aktivistinnen und Aktivisten hier in einen 48stündigen Solidaritätshungerstreik getreten. Auf dem Camp wird es auch kulturelle und inhaltliche Veranstaltungen geben – zu einer Delegationsreise nach Budapest, zur Kriminalisierung von Antifaschismus und vieles mehr. Mit unserem Standort direkt vor dem Auswärtigen Amt wollen wir besonders Druck auf Außenminister Johann Wadephul von der CDU ausüben. Dafür sprechen wir auch morgens direkt die Angestellten im Ministerium an.
Was hat Sie auf die Idee gebracht, ein solches Camp zum jetztigen Zeitpunkt zu errichten?
Maja war fast 40 Tage im Hungerstreik, und die Lage wurde immer kritischer. Für uns war klar: Wir müssen uns selbst einen Ruck geben, Majas Widerstand bekannter machen und den Druck direkt vor die Haustür der Verantwortlichen tragen. Der Widerstand entfaltet seine Wirkung noch stärker, wenn wir auch hier in Deutschland außerhalb der Knastmauern Druck aufbauen. Dazu wollen wir unseren Beitrag leisten.
Wie ist es Ihnen möglich, die Präsenz rund um die Uhr vor dem Außenamt aufrecht zu erhalten?
Unterstützung ist herzlich willkommen, es gibt immer genug zu tun. Selbstverständlich freuen wir uns auch über Spenden finanzieller Art, Support beim Kochen für alle hier und bei konkreter Infrastruktur. Dafür sind wir direkt ansprechbar oder auf sozialen Medien zu erreichen. Vor allem wünschen wir uns aber, dass sich deutschlandweit noch mehr bewegt und wir alle gemeinsam den Protest noch mehr vervielfältigen und verbreitern. Das ist die wichtigste Unterstützung für Majas Kampf – und auch unsere Pflicht als Antifaschistinnen und Antifaschisten.
Konnten Sie das Handeln der Regierung bereits beeinflussen?
Die Ankündigung von Wadephul, diese Woche nach Ungarn zu fahren, ist bereits Ergebnis des breit aufgestellten politischen Protests. Ohne diesen hätte die Bundesregierung Maja gern in einem ungarischen Loch verrotten lassen.
Also haben Sie Ihre Ziele erreicht?
Gerade jetzt muss der Druck maximal erhöht werden, damit Wadephul gezwungen ist, eine Rückholung von Maja durchzusetzen. Unser Protestcamp kann dabei nur ein Teil einer breiteren Bewegung sein.
Tim Opitz ist Sprecher des Bündnisses zum Aktionscamp »Rettet Maja« vor dem Auswärtigen Amt, mit dem Unterstützer von Maja T. für die Freilassung aus ungarischer Haft protestieren
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