Suweida ist frei, aber isoliert
Von Nick Brauns
Nach tagelangen Gefechten haben syrische Regierungstruppen am Donnerstag die mehrheitlich von Drusen bewohnte Provinz Suweida im Süden des Landes wieder vollständig geräumt. Bei den seit Sonntag andauernden Kämpfen zwischen sunnitischen Beduinen und den einmarschierten dschihadistischen Kampfverbänden der Regierung einerseits und drusischen Widerstandseinheiten andererseits sind rund 370 Menschen getötet worden. Darunter befinden sich auch Dutzende Zivilisten, die von Dschihadisten als vermeintlich »Ungläubige« exekutiert wurden. Die abziehenden Truppen hinterließen geplünderte und verbrannte Häuser. Nach bislang unbestätigten Meldungen kam es anschließend zu Fällen von Rachemorden von Drusen an Beduinen.
Syriens islamistischer Präsident Ahmed Al-Scharaa bedankte sich in einer Fernsehansprache für die »wirksame« Vermittlung der USA, der Türkei und arabischer Staaten. Sie habe dazu beigetragen, eine weitere Eskalation infolge israelischer Luftangriffe zu verhindern. Israel, das sich als Schutzmacht der Drusen inszeniert, um seine Besatzungszone im Süden Syriens auszudehnen, hatte am Mittwoch das Verteidigungsministerium und den Präsidentenpalast in Damaskus bombardiert. »Wir standen vor zwei Optionen: ein offener Krieg mit dem israelischen Gebilde oder die Übertragung der Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Sicherheit in Suweida an drusische Würdenträger und geistliche Führer«, erklärte Al-Scharaa die faktische Rückkehr zum Status vor den jüngsten Kämpfen.
Nachdem es Al-Scharaa nicht gelungen ist, die nach Selbstverwaltung strebende Provinz mit militärischen Mitteln unter Kontrolle zu bringen, setzt er jetzt auf einen Wirtschaftsboykott. Wegen des »großen Verrats am syrischen Volk« durch das angebliche Erbitten von »Hilfe vom zionistischen Feind« verkündeten Händler aus der angrenzenden Provinz Deraa am Donnerstag den Stopp aller Geschäftsbeziehungen mit Suweida. Der geistliche Führer der Drusen, Hikmat Al-Hijri, appellierte daraufhin an Jordanien, einen Grenzübergang zu der so isolierten Provinz zu öffnen. Die kurdisch geführte Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien kündigte die Entsendung eines Konvois mit humanitärer Hilfe nach Suweida an, wo bereits jetzt ein Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten herrscht.
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