Anzeige gegen Kriegsverbrecher
Von Fabian Linder
Zusammen mit der portugiesischen Menschenrechtsanwältin Carmo Afonso hat die belgische Hind Rajab Foundation (HRF) in Portugal Strafanzeige gegen einen israelischen Soldaten gestellt. Dem Scharfschützen Dani Adonja Adega, dessen Aufenthalt in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon von der Stiftung bestätigt worden war, werden schwere Verstöße gegen das Völkerrecht vorgeworfen. Darunter etwa die gezielte Tötung von Zivilisten während eines Waffenstillstands sowie die Aneignung zivilen Eigentums für militärische Zwecke.
Die HRF habe nach eigenen Angaben mit ihrem Rechts- und Rechercheteam in den vergangenen Monaten umfangreiche Dokumentationen von Menschenrechtsverletzungen durch die israelische Armee im Gazastreifen angelegt. Infolge dessen beschuldigt die Stiftung auch den Scharfschützen.
Die genannten Vorwürfe beziehen sich insbesondere auf ein von Adega selbst publiziertes Foto im sozialen Netzwerk Instagram, auf dem dieser mit Scharfschützengewehr und in Kampfausrüstung zu sehen ist, zusammen mit dem Text »Vier Schuss, null Fehler« und zwei Emojis, die eine Dartscheibe und Flammen zeigen. Ebenfalls erkennbar sei, dass der Schütze anscheinend in einem zivilen Gebäude operierte. Brisant ist darüber hinaus der Zeitpunkt der Veröffentlichung: während der Waffenruhe zu Beginn des Jahres. Allein damals seien nach Angaben der HRF mehr als 170 palästinensische Zivilisten getötet worden, viele davon durch Scharfschützenattacken.
Adega diente nach Angaben der Stiftung im 8114. Bataillon der israelischen Armee. Die 252. Division des Brigadegenerals Jehuda Wach, unter dem Adegas Bataillon kämpfte, werden darüber hinaus Kriegsverbrechen in Verbindung mit der Errichtung des Netzarim-Korridors vorgeworfen. In dieser »tödlichen Passage« durch Zentralgaza seien Zivilisten, darunter vielfach Kinder, systematisch von Scharfschützen und bewaffneten Patrouillen getötet worden, so die Stiftung.
Neben der Strafanzeige ruft die nach einem im vergangenen Jahr in Gaza getöteten sechsjährigen Mädchen benannte Stiftung die portugiesischen Behörden auf, Adega umgehend zu verhaften und Ermittlungen gegen ihn einzuleiten, wie es das internationale Recht vorsehe. Das Vorgehen gegen Adega sei nach eigener Aussage kein Einzelfall. Es gehe darum, israelische Militärangehörige für von ihnen begangene Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit zur Verantwortung zu ziehen, heißt es in der Stellungnahme der Stiftung weiter.
Es könne nicht sein, dass Adega, ohne sich zu verstecken, frei durch eine europäische Hauptstadt laufe, nachdem er mit Tötungen während eines Waffenstillstands prahlte. Es sei daher »nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit für Gaza, sondern eine Bewährungsprobe für Portugal«, äußerte ein Sprecher der Organisation. Die Regierung in Lissabon habe nach den »Prinzipien der universellen Rechtsprechung nicht nur die rechtliche Befugnis, sondern auch die Pflicht, Kriegsverbrecher auf seinem Territorium zu verhaften«.
Palästinasolidarische Organisationen in Portugal konnten in der Vergangenheit bereits vielfach Druck auf die Regierung ausüben, etwa als es darum ging, dem in dem südeuropäischen Land registrierten Frachter »Kathrin« die Flagge zu entziehen. Das Schiff hatte im August vergangenen Jahres für hitzige Debatten gesorgt, da der begründete Verdacht bestand, es transportiere Sprengstoff mit dem Ziel Israel.
Auch der Rechtsruck nach den letzten Parlamentswahlen macht sich bemerkbar. Vergangene Woche hatte die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) im Parlament in Lissabon eine Debatte zur Anerkennung des Staates Palästina anberaumt. Dabei zeigte sich die Gleichgültigkeit der rechtskonservativen Regierung und ihrer Unterstützer gegenüber Israels Vorgehen im Gazastreifen. PCP-Generalsekretär Paulo Raimundo verwies darauf, dass die Regierung entscheiden müsse, ob sie sich mit »blutbefleckten Händen weiter mitschuldig an Israels brutaler Missachtung von Menschenrecht und Völkerrecht sowie an seiner kriminellen Politik der Aggression, Besatzung und Kolonisierung« mache oder mit der »Anerkennung des Staates Palästina ein starkes politisches Signal« setze. Die rechten Kräfte mit ihrer absoluten Mehrheit lehnten diesen Vorschlag ab.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (18. Juli 2025 um 08:20 Uhr)He, he, he, mal langsam, ukrainische Faschisten, denen man ähnliches nachweisen kann, tingeln doch auch ganz unbehelligt durch Europa. Sollen die jetzt auch alle verhaftet werden? Wo kommen wir denn da hin? Es gibt die Guten und die Bösen, bitte nicht durcheinandergeraten.
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