Kabinett billigt Haushaltsentwurf
Von Susanne Knütter
Die Prioritäten sind klar. Der Haushaltsentwurf von Lars Klingbeil (SPD), den das Kabinett am Dienstag beschlossen hat, schafft allein 11.000 zusätzliche Stellen beim Militär. Im Vergleich zum Etat 2024 steigt der Militärhaushalt für das laufende Kalenderjahr um rund zehn Milliarden Euro auf rund 62,43 Milliarden Euro. Wird der Regierungsentwurf im parlamentarischen Verfahren bestätigt (was noch vor der Sommerpause geschehen soll), stehen der Bundeswehr nach Angaben des Verteidigungsministeriums im laufenden Jahr insgesamt sogar mehr als 86 Milliarden Euro zur Verfügung. Denn neben den rund 62 Milliarden Euro im Verteidigungshaushalt seien Ausgaben in Höhe von rund 24 Milliarden Euro aus dem sogenannten Sondervermögen für die Bundeswehr geplant.
Zum Vergleich: Für sozialen Wohnungsbau und Städtebauförderung sind vier Milliarden Euro vorgesehen. Für die Infrastruktur der Bahn, also die Sanierung von Schienen und Digitalisierung, rund 22 Milliarden Euro. Das Geld stammt teils aus dem regulären Haushalt, teils aus dem geplanten Sondertopf für Infrastruktur.
Alles in allem beschloss das Kabinett nicht nur den Haushaltsentwurf für 2025, sondern auch Eckwerte für 2026, die grobe Finanzplanung bis 2029 und ein Gesetz, mit dem das schuldenfinanzierte Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz umgesetzt werden soll. Jetzt befassen sich Bundestag und Bundesrat mit den Plänen. Klar ist, der Kriegskurs wird auch in den kommenden Jahren finanziell untermauert. Die Eckwerte für die nächsten vier Jahre sehen vor, dass der Militäretat 2026 auf 82,69 Milliarden anwächst und 2027 auf 93,35 Milliarden. 2028 sollen es dann 136,48 Milliarden sein, 152,83 Milliarden Euro im folgenden Jahr. Klingbeil strebt bis 2029 Militärausgaben von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts an.
Linke, BSW und Grüne übten deutliche Kritik an den Etatplänen. »Deutschlands Toppriorität ist mit Klingbeils Schuldenplänen eine beispiellose Aufrüstung«, sagte der Linken-Haushälter Dietmar Bartsch gegenüber dpa. Es gehe nicht um Sicherheit, statt dessen regiere Maßlosigkeit. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht kritisierte: »100 Milliarden Euro mehr für Waffen und Panzer, eine Verdreifachung der Rüstungsausgaben innerhalb von vier Jahren, das ist einfach nur krank.« Bündnis 90/Die Grünen warfen Klingbeil und Kanzler Friedrich Merz (CDU) vor, Absprachen zu brechen. Sie hätten versprochen, dass jeder Euro aus dem Schuldentopf in neue Investitionen für die Infrastruktur gehe, sagte Grünen-Chefin Franziska Brantner im Deutschlandfunk. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisierte im ZDF-»Morgenmagazin«, aus den für Klimaschutz vorgesehenen Mitteln würden teils fossile Gassubventionen finanziert.
Insgesamt plant der Finanzminister für 2025 Ausgaben in Höhe von 503 Milliarden Euro. 81,8 Milliarden Euro sollen im Kernhaushalt aus Krediten finanziert werden – mehr als doppelt soviel wie im vergangenen Jahr. Dazu kommen mehr als 60 Milliarden Euro aus schuldenfinanzierten Sondertöpfen. Für 2026 plant Klingbeil bisher mit Ausgaben von 519,5 Milliarden Euro. Im Kernhaushalt stehen Kredite von 89,3 Milliarden Euro, dazu kommen 83,4 Milliarden aus schuldenfinanzierten »Sondervermögen« für Bundeswehr und Infrastruktur.
Im Kernhaushalt und mit den neben dem Etat laufenden Sondertöpfen will die Bundesregierung bis 2029 zusammen fast 850 Milliarden Euro Schulden aufnehmen. Bis 2029 summieren sich die Zinsen nach Angaben des Finanzministeriums auf fast 215 Milliarden Euro. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, das in dem Haushalt eine »Abkehr von der Lähmung« erkannt haben wollte, merkte daher an, die Haushaltsplanung stehe nicht auf sicheren Füßen. So bestehe zum Ende der Legislaturperiode im Zuge der steigenden Zinsausgaben und der einsetzenden Tilgung der Coronakredite »ein Konsolidierungsbedarf, den die Regierung vor sich herschiebt«. Das heiße: »Die Regierung muss sparen, weiß aber noch nicht, wo und wie.«
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (25. Juni 2025 um 14:52 Uhr)Herr Lars Klingbeil darf horrende Militärausgaben anstreben? Mit unerträglichen finanziellen Belastungen, die unsere Nachfahren jahrzehntelang schikanieren, und unausweichlichen Streichungen wo genau, lieber Lars? Was genau und wörtlich (!) halten diejenigen davon, die Dich gewählt haben? Trotz der unverständlichen Bedingungsbegründungen für Sondervermögen in dieser enormen und nicht finanzierbaren Höhe (bleibt es überhaupt bitte bei zweimal 500 Milliarden?) gibt es nun zusätzlich die höchste Neuschuldenaufnahme in der gesamten Geschichte von Regierenden in der BRD. Und zwar für heute und noch höher im kommenden Jahr. – Klingt toll. Oder? Oder etwa nicht? Lars? Noch dran? (Wofür diese Albernheit? junge Welt hat diesen enormen moralischen und wahrheitlichen Wert, die sie für uns unvergleichlich macht: Ansonsten wird sie noch und noch verklagt. – Wir sind im umgekehrten Falle dazu nicht in der Lage. Hübsches Beispiel von vor übsen Jahren: Ich schreibe an die Redaktion Tagesschau: Ändert Eure Weltkarte, bitte! Bei Euch ist Australien kleiner als Grönland und die Antarktis lasst Ihr warum genau immer weg? Resultat? So um die Null? Woraus wir lernen?
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