Minidosis für Krankenhäuser
Von Jens Walter
Klinikaufenthalte kosten. Fraglos. Für die stationäre Behandlung in Brandenburger Krankenhäusern stehen in diesem Jahr knapp zwei Milliarden Euro zur Verfügung, berichtete das Ärzteblatt am vergangenen Donnerstag. Darauf hatten sich zuvor die Verbände der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung und die Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg (LKB) geeinigt, wie der Landesverband der Ersatzkassen Berlin-Brandenburg mitteilte.
Dabei ging es um die Erhöhung des sogenannten Landesbasisfallwerts (LBFW) für das Jahr 2025. Der LBFW bestimmt, wieviel die Krankenhäuser für eine bestimmte Behandlung über das diagnosebezogene Fallpauschalensystem (DRG-System) abrechnen können und gilt für alle Krankenhäuser in Brandenburg. Die LBFW wird jährlich zwischen den Krankenkassen und den jeweiligen Krankenhausgesellschaften auf Landesebene vereinbart.
Der neue LBFW beträgt rückwirkend zum 1. Januar 4.457,17 Euro, das sei eine Erhöhung um 68,76 Euro, hieß es am Mittwoch voriger Woche in einer Mitteilung des Gesundheitsministeriums aus Potsdam unter Ressortchefin Britta Müller (parteilos, für das BSW). Hintergrund der Anpassung ist eine Einigung auf Bundesebene zur Berücksichtigung tariflicher Mehrkosten für das Jahr 2024, die sich aufgrund später Tarifabschlüsse deutlich verzögert hatte.
Der erhöhte LBFW sei eine gute Nachricht für die Krankenhäuser in Brandenburg, wurde Ministerin Müller in der Mitteilung zitiert. »Damit verbessert sich ihre Einnahmesituation und schafft etwas mehr Planungssicherheit.« Das allein reiche aber nicht aus, um die wirtschaftliche Situation der Kliniken zu stärken.
Die Rahmenbedingungen hätten sich für die Hospitäler in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert. Müller: »Betriebskosten steigen inflations- und tarifbedingt, gleichzeitig brechen Einnahmen weg. So müssen immer mehr Krankenhäuser ein wachsendes Defizit verzeichnen.« Mit Folgen. In Brandenburg hatte es in den 1990er Jahren »eine große Strukturbereinigung« gegeben, sagte die Gesundheitsministerin in der Juniausgabe des AOK-Magazins Gesundheit + Gesellschaft. Damals gab es mehr als 70 Krankenhäuser, heute seien es 56. »Im Gegensatz zu anderen Bundesländern hat bei uns also bereits eine starke Reduktion stattgefunden«, so Müller. Die verbliebenen Standorte seien unbedingt notwendig, um eine Versorgung in der Fläche weiter zu gewährleisten.
Zur Stabilisierung der Krankenhauslandschaft sind Milliarden Euro notwendig, wissen Gesundheitsexperten. Die Länder fordern etwa vom Bund den noch immer fehlenden Inflationsausgleich für die Kliniken für 2022 und 2023. Und eh, für die Finanzierung der Betriebskosten der Krankenhäuser ist allein der Bund zuständig. Ein Lichtblick: Kürzlich hatte die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) vier Milliarden Euro Soforthilfen für die Kliniken angekündigt. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), meinte dazu: »Dies ist ein starkes und wichtiges Signal.« Denn die Finanzmittel trügen dazu bei, die akuteste wirtschaftliche Not vieler Kliniken zu lindern und ihnen die notwendige Luft zum Atmen zu verschaffen. »Nur so besteht überhaupt die Chance, dass die Kliniken die geplante Krankenhausreform erleben und langfristig die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen.« Konkret: Ohne die nun beschlossene Finanzspritze hätten sich der kalte Strukturwandel und die Insolvenzwelle ungebremst fortgesetzt, bemerkte Gaß. Das hätte dramatische Folgen für die flächendeckende Versorgung gehabt.
Zurück nach Brandenburg: Im Koalitionsvertrag von SPD und BSW ist der Erhalt aller Krankenhausstandorte als Orte der regionalen Gesundheitsversorgung fixiert. Um Kosten zu senken, soll nach Angaben Müllers die Ambulantisierung deutlich vorangetrieben werden, gerade im ländlichen Raum. Bis zu 30 Prozent bisheriger stationärer Behandlungen könnten ambulant erfolgen, meint Müller. Fraglich, ob das realistisch ist. Zumal eine ambulante Versorgung am Krankenhaus bislang nicht regelhaft stattfinden darf und von den Kassen nicht übernommen wird.
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