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Aus: Ausgabe vom 21.06.2025, Seite 11 / Feuilleton
Kunst

Mit Monstern reden

Es spukt in der Ausstellung von Ida Lawrence und Eva Pedroza in Bernau
Von Hagen Bonn
Zum Beispiel Drachen – Bild von Ida Lawrence
Gemalte Fiktionen: Ida Lawrence
Die Keramik lebt – von Eva Pedroza
Paradoxien von Subjekt und Objekt: Eva Pedroza

In Bernau bei Berlin, dort, wo die Hauptstadt als Vorstadt gilt, liegt eine kleine, feine Galerie im Herzen der Stadt. Spuken soll es dort, auf 90 Quadratmetern sind die Monster los. Fiese, kleine, grünliche und … Aber halt, wenn wir nur etwas genauer hinschauen, ist es gar nicht so schlimm. Oder sollte Kunst nicht auch, um im Bild zu bleiben, monströs sein? Und: Kann sich ein Gruselkabinett zum Kunstsalon wandeln?

Die Australierin Ida Lawrence und die Argentinierin Eva Pedroza, beide lebhaft in Berlin, haben unterschiedliche Medien auf die Monster Bernaus losgelassen. Die Monster von Bernau? – Wer kennt sie nicht, die gruseligen Gestalten an mittelalterlichen Stadttorfassaden, Burgen oder Kirchen. Schon zu Zeiten der Romanik finden sich Drachen, Löwen, Wolfsköpfe, groteske Fratzen an den Bauwerken. Sie wurden absichtlich als »apotropäische«, das Böse abwehrende, Bauelemente verwendet. Das wurde in der nachfolgenden Gotik fortgeführt, funktional (Wasserspeier) oder rein dekorativ. Und da Bernau hochmittelalterlich, also gotisch geprägt ist, fanden die beiden Künstler ihre »Modelle« recht zuverlässig.

Bei Lawrence geht es um Geschichtenbilder. Großflächig hängen, stehen oder lehnen sie im Raum, umzingeln mit Figürlichem, Farbe, Schemen und Schrift die eingefügten, leicht entfremdeten Monster. Die Künstlerin fragt: »Ist euch aufgefallen, dass in historischen Darstellungen von Himmel und Hölle die Kreaturen der Hölle die interessantesten Details beinhalten?« Pedroza geht anders vor: »Ich arbeite gern mit Keramik.« Das Formen der Figuren, das Brennen und anschließende Glasieren führe unweigerlich zu einem »Dialog mit den Skulpturen«. Dazu passt der Titel der Ausstellung »Gespräche mit Monstern«.

Bildende Kunst beschreibt mitunter den Prozess der Umbildung mit Hilfe künstlerischer Medien – sei es Keramik, eine Leinwand oder eine Kamera –, um in spezifischer Weise unsere Welt widerzuspiegeln. Aber: Das Außen der Welt muss zuerst einmal rein und dann durch den Kopf des Künstlers. Im Dialog mit dem Rohling können Fragen der Form und des Inhalts, der künstlerischen Aussage beantwortet werden. Wir sollten uns öfter mal zu den Monstern unters Bett legen und horchen, welche Probleme sie haben.

Ida Lawrence und Eva Pedroza: »Gespräche mit Monstern«, Galerie Bernau, Bürgermeisterstr. 4, 16321 Bernau bei Berlin, bis 26. Juli 2025

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