Sieg der Tänzer
Von Gisela Sonnenburg
Was lange währt, wird endlich gut. Wochenlang kämpften die Tänzerinnen und Tänzer vom Hamburg-Ballett, unterstützt von der Mehrheit der einschlägig relevanten deutschen Presse, um ihre Freiheit. Und zwar um die Freiheit von ihrem neuen, stets lächelnden, im Verhalten aber offenbar unzumutbaren Chef Demis Volpi. Am Dienstag zur Mittagszeit verkündete der Aufsichtsrat der Hamburgischen Staatsoper, dass man sich mit Volpi, bis dahin Ballettintendant vom Hamburg-Ballett, auf eine Auflösung seines Vertrags zum Ende der Spielzeit bei sofortiger Freistellung geeinigt habe.
Wie hoch die Summe in Geld ist, die man dem knapp 40jährigen Volpi zahlen wird, der sich ja nun neue Wege suchen muss, ist derzeit nicht bekannt. Aber für die Rettung des weltberühmten Hamburg-Balletts – das der als Genie gefeierte Choreograph John Neumeier aufgebaut und 51 Jahre lang geleitet hat – darf es wohl gern auch mal teurer sein. Immerhin standen doch das gesamte Renommee, vor allem die künstlerische Qualität auf dem Spiel.
Den Ausschlag gab, nach etlichen Skandalen (jW berichtete), die zuletzt durchgeführte schriftliche und anonyme Einzelbefragung der Mitglieder des Hamburg-Balletts. Der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda hat darauf reagiert und ist insofern zu loben, als er jetzt nichts beschönigt, sondern nurmehr bedauert, dass es keine Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit Volpis mit dem Hamburg-Ballett mehr gibt.
Künftig soll eine vor Ort geprägte Interimsleitung das Ensemble leiten. Mit Lloyd Riggins, den John Neumeier viele Jahre auch als Nachfolger einarbeitete, führt der Senat nun Gespräche, ebenso mit Nicolas Hartmann, dem bisherigen Betriebsdirektor, der als kommissarischer Geschäftsführer im Gespräch ist. Auch mit Gigi Hyatt, der Leiterin der dem Hamburg-Ballett angeschlossenen Schule, wird kommuniziert. Sie hatte sich einst für Volpi ausgesprochen, ohne ihn und seine Arbeit allzugut zu kennen.
Die freiwillige Kündigung von Alexandr Trusch, dem beliebtesten Ersten Solisten vom Hamburg-Ballett, dürfte von ihm zurückgenommen werden. Ob er, der wirksame Anführer des Protests, oder auch Edvin Revazov, der neben seiner Karriere als Erster Solist schon das Hamburger Kammerballett leitet, in die neue Führungsspitze Eingang finden werden, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob sich das Programm der avisierten Premiere am 6. Juli nochmals ändert.
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