Bleierne Belastung für Klette
Von Ariane Müller
Am fünften Verhandlungstag im Prozess um das mutmaßliche Exmitglied der aufgelösten Rote Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette, hat das mediale Interesse am Landgericht Verden nachgelassen. Nicht nachgelassen haben hingegen die sogenannten Sicherheitsvorkehrungen, denen die 66jährige ausgesetzt ist. Wie der Vorsitzende Richter Lars Engelke während der Verhandlung am Dienstag mitteilte, trage die Angeklagte die schwere Bleiweste während der Transportfahrten zum Verhandlungsort in Celle nicht auf Anordnung des Gerichts, sondern auf Geheiß der Justizvollzugsanstalt (JVA) Vechta, in der Klette seit ihrer Verhaftung in Berlin Ende Februar 2024 einsitzt. Klettes Anwälte verlangten ein Ende der Maßnahme.
Die Strafverteidiger – Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich Klinggräff – hatten im Verlauf des Prozesses mehrfach die Haftbedingungen Klettes und die vermeintlichen Sicherheitsvorkehrungen des Gerichts kritisiert. Diese würden Anzeichen eines Terrorismusverfahrens aufweisen und auf eine »Vorverurteilung« hindeuten, so die Anwälte beim ersten Verhandlungstag am 25. März. Mitte April beanstandete die Verteidigung zudem, dass ihre Mandantin infolge des Tragens der Bleiweste an Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich leide, was ihre Konzentrationsfähigkeit beeinträchtige.
Am Dienstag forderten Klettes Anwälte den Richter auf, schnellstens die Leitung der JVA zu beauftragen, diese Maßnahme umgehend zu beenden. Er habe schließlich eine Fürsorgepflicht und sei für die Verhandlungsfähigkeit Klettes verantwortlich. Auf Anordnung der Bundesanwaltschaft ist Klette außerdem an Händen und Füßen gefesselt. Für den Richter stellte sich der Verhandlungstermin offenbar entspannt dar; er lobte die gute Atmosphäre im Gerichtssaal, dies sei »vorbildlich«.
Auf der Tagesordnung des Gerichts stand auch die Aussage eines Zeugen, der seine Wohnung in Bremen von 2013 bis 2016 an eine Frau namens Sarah Lopez untervermietet hatte. Im Gerichtssaal will der Mann Daniela Klette als diese erkannt haben. Auch eine Vermietung ab Herbst 2012 erachtete der Zeuge als möglich. Auf die Person sind die Polizeibehörden gestoßen, weil in Klettes Berliner Wohnung bei einer Razzia Daten von ihm aufgefunden worden sind. Der Zeuge spekulierte, dass womöglich auch Freunde der Angeklagten in der Bremer Wohnung zu Besuch waren. Ob die noch immer flüchtigen und ebenfalls mutmaßlichen Ex-RAF-Mitglieder Burkhard Garweg oder Ernst-Volker Staub dort Unterschlupf gefunden hatten, ist allerdings unklar.
Klette wird vorgeworfen, mit Garweg und Staub zwischen 1999 und 2016 – nach der verkündeten Selbstauflösung der RAF im Jahr 1998 – an 13 Geldbeschaffungsaktionen in Nordwestdeutschland beteiligt gewesen zu sein. Der Prozess vor dem Landgericht Verden findet vorerst in der niedersächsischen Stadt Celle im Staatsschutzsaal des dortigen Oberlandesgerichts statt. Ab Ende Mai soll das Verfahren in einer ehemaligen Reithalle in Verden-Eitze fortgesetzt werden. Die Miete der Halle, die einen Umbau in einen Hochsicherheitsaal abdeckt, soll rund 3,6 Millionen Euro kosten.
Solidarität mit Daniela Klette wurde unterdessen auf die Straße getragen. Zur »Revolutionären 1.-Mai-Demo« in Berlin hätte man die Aktivistin sogar als Rednerin »eingeladen«, erklärten die Veranstalter im Gespräch mit junge Welt am Dienstag. Andere Medien spekulierten im Vorfeld der Demo, dass wohl eine Rede von Klette verlesen werde. Das Bündnis hatte die ihr vorgeworfenen Handlungen Mitte März auf der Internetplattform X als »Enteignungsaktionen« bezeichnet und »Freiheit für Daniela Klette und alle Antifaschisten« gefordert.
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