Kiev Stingl gestorben
Kiev Stingl, der große Unbekannte der deutschen Popgeschichte, ist tot. Das teilte die Band Audiac am Montag mit. Stingl starb, wie jW berichtete, demnach bereits am 20. Februar im Alter von 80 Jahren. 1975 von Achim Reichel entdeckt, veröffentlichte er drei wegweisende Soloalben voller Texte, die zu rough für ihre Zeit waren: »Teuflisch« (1975), »Hart wie Mozart« (1979) und »Ich wünsch’ den Deutschen alles Gute« (1981). »Eine Mischung aus Arthur Rimbaud und Charles Bukowski, aus Lou Reed und Sid Vicious. Ein bisschen ›Goldener Reiter‹ und ein bisschen Bad Boy«, beschrieb das Jochen Knoblauch später mal.
Während er mit den ersten beiden Alben, und nicht zuletzt seinem wüsten Auftreten, die frühe westdeutsche Punkszene beeinflusste, bot das dritte eine Abrechnung mit der BRD zu bestem Detroit-Disco. »Der Song ›Einsam weiss Boys‹ klingt wie die Blaupause für den erst ein Jahr darauf auftauchenden Falco«, schrieb Maximilian Schäffer 2022 in dieser Zeitung. Der aufgrund seines Lebenswandels »völlig betriebsinkompatible« (Schäffer) Stingl spielte 1989 mit Musikern der Einstürzenden Neubauten noch das Album »Grausam das Gold und jubelnd die Pest« ein, bevor es lange leise um ihn wurde, weil er lieber durch die Welt reiste.
2022 erschien in Zusammenarbeit mit Audiac das fünfte Studioalbum »XRI Nuit«, das nun als sein Vermächtnis gelten muss. »Seine endgültige Entdeckung durch die Öffentlichkeit wäre das letzte Wunder der deutschen Popmusikgeschichte«, schrieb Schäffer nicht ohne Hoffnung. Bislang hat sie sich nicht erfüllt. (jW)
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