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Aus: Ausgabe vom 28.02.2024, Seite 10 / Feuilleton

Selber, Feldmeier

Von Jegor Jublimov
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Gern gesehener Gast: Rita Feldmeier (2011)

Fast zwei Jahrzehnte lang war Martin Selber ab 1971 in Magdeburg Bezirksvorsitzender des Schriftstellerverbands. Einige seiner Bücher erschienen in Finnland, Ungarn und Dänemark, aber auch in der BRD, wo seine Jugendromane in einzelnen Bundesländern Schulliteratur wurden. In Bücher wie »König Lustick und sein Bauer« (1976) schmuggelte er in historischem Gewand kritische Bemerkungen zur DDR ein, wie zwischen den Zeilen zu erkennen war. So wurde ihm intern eine »negative Einstellung zu Teilbereichen unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung« attestiert.

In einem christlich geprägten Elternhaus kam Martin Merbt (so sein Geburtsname) am 27. Februar vor 100 Jahren in Dresden zur Welt und wuchs in Berlin auf. Nach Rückkehr aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft verschlug es ihn in die Börde, wo er bis zu seinem Tode 2006 lebte. Nach verschiedenen Ausbildungen konnte der musische junge Mann ab 1954 als freier Schriftsteller arbeiten. Unter seinen rund 50 Büchern, die eine Gesamtauflage von 3,5 Millionen Exemplaren erreichten, finden sich populärwissenschaftliche Fachbücher ebenso wie historische Romane oder solche zu Gegenwartsthemen. Ins Fernsehen der DDR gelangten Stoffe, die eine starke gesellschaftliche Bindung aufwiesen, wie 1968 im Studio Halle »Er kam mit dem Herbstwind« mit Roman Silberstein und Marie Anne Fliegel über einen ehemaligen Panzerfahrer der Nationalen Volksarmee (NVA), der sich nun ins Leben einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) einfügen muss. Guten Publikumszuspruch – auch durch die Filmmusik der Geraer Gruppe SIT – fand 1980 Hans Werners Filmadaption von Selbers im Militärverlag erschienenen Erzählung »Salz und Brot und gute Laune« mit Publikumslieblingen wie Agnes Kraus und Eberhard Mellies. Hier ging es um eine sinnvolle Freizeitgestaltung im Rahmen der GST (Gesellschaft für Sport und Technik), wobei Selber sein Hobby als Funkamateur zum Thema machen konnte. In den Jahren nach 1990 widmete er sich besonders Geschichten in ostfälischem Platt.

Mecklenburger Platt beherrscht auch noch die Rostocker Apothekerstochter Rita Feldmeier, die am Mittwoch vor 70 Jahren zur Welt kam. Sie studierte Schauspiel in ihrer Heimatstadt und blieb für drei Spielzeiten am dortigen Volkstheater, wo sie so abwechslungsreiche wie anspruchsvolle Aufgaben bekam, sowohl in Rolf Hochhuths zeitkritischem Pamphlet »Lysistrate und die NATO« als auch im Volksstück »Dann wollen wir mal wieder« des vielseitigen Direktors der Neptunwerft, Kurt Dunkelmann (beides 1975 auch vom DFF übernommen). Die erste Hauptrolle gab Feldmeier Regisseur Hans Werner in dem DFF-Film »Das Herz der Dinge« (1977), maßvoll kritisch über die Abbaggerung von Landschaften zur Kohlegewinnung. Wirklich zeitkritisch war der Defa-Film »Die Architekten«, der 1990 das systembedingte Scheitern von Hochschulabsolventen am Ende der DDR erzählte. Seit 1976 ist Feldmeier in vielen Rollen im Potsdamer Hans-Otto-Theater hervorgetreten (inzwischen als Gast), hat daneben aber immer wieder TV-Engage­ments übernommen, häufig neben ihrem Mann Achim Wolff in »Salto Kommunale« (1998–2001) oder im »Polizeiruf 110« (1988–2007).

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