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Aus: Ausgabe vom 14.02.2024, Seite 7 / Ausland
Boeing 747

USA stehlen venezolanisches Flugzeug

Argentinien unterstützt das Unterfangen. Nun wird der Jumbojet verschrottet
Von Volker Hermsdorf
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Schon mal dagewesen: 2022 hatte Argentinien ein venezolanisches Flugzeug beschlagnahmt (Caracas, 9. August)

Die USA haben eine Boeing 747 der venezolanischen Fluggesellschaft Emtrasur am Montag (Ortszeit) in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von Buenos Aires nach Florida verbracht, um das Frachtflugzeug dort nach eigenen Angaben »zu entsorgen«. Die von Washington als »Beschlagnahme« gerechtfertigte Maßnahme war von der Regierung des rechten argentinischen Präsidenten Javier Milei zugelassen worden. Die Gerichtsverhandlung über eine Berufung gegen die Überstellung war jedoch erst für kommenden Montag angesetzt. Caracas verurteilte die Operation deshalb als »glatten Diebstahl« und beschuldigt Milei der Komplizenschaft mit den USA.

Mit der Aktion nach Raubrittermanier eskaliert ein seit 20 Monaten schwelender Konflikt. Der mit VW-Ersatzteilen aus Mexiko beladene Jumbo, den Emtrasur von der iranischen Mahan Air erworben hatte, war am 6. Juni 2022 auf dem Flughafen Buenos Aires/Ezeiza zu einem Zwischenstopp gelandet und sollte die argentinische Hauptstadt noch am selben Tag wieder verlassen. Nachdem zwei führende Politiker der Rechtspartei »Propuesta Republicana« (PRO) behaupteten, dass sich hinter dem Flug eine »terroristische Operation« verbergen könnte, war die aus 14 Venezolanern und fünf Iranern bestehende Besatzung verhaftet worden. Nach Prüfung durch örtliche Gerichte, die jedes Verbrechen ausschlossen, wurden zwar alle Betroffenen freigelassen, der Jumbo verblieb jedoch zur weiteren Klärung in Argentinien.

Washington hatte behauptet, dass der Flugkapitän ein ehemaliger Kommandeur des Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) sei, die von den USA als »terroristische Organisation« bezeichnetet werden. Das US-Justizministerium forderte, die Boeing 747 wegen Verstoßes gegen US-Gesetze in die USA zu überstellen. Venezuelas Anwälte verlangten dagegen die Rückgabe, da kein Verbrechen vorläge.

Argentiniens damaliger peronistischer Präsident Alberto Fernández suchte – offenbar aus Furcht vor einem Konflikt mit den Vereinigten Staaten – einen Mittelweg. Er bestätigte die Beschlagnahme zwar nicht, gab den Jumbo aber auch nicht an Venezuela zurück. Fernández spielte auf Zeit und hoffte, dass die Justiz das Problem lösen würde. Die Anhörung zu einer von Venezuelas Anwälten eingelegten Berufung gegen das US-Ersuchen wurde für den 19. Februar 2024 terminiert. Als bei der venezolanischen Botschaft kürzlich Berichte über Triebwerkstests der Boeing eingingen, deren rechtmäßiger Eigentümer laut der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) nach wie vor Venezuela ist, bat der Diplomat José Jesús Jatar Díaz um Erlaubnis, das Flugzeug zu inspizieren. Auf dem Flughafen sei er jedoch von FBI-Beamten und Vertretern der US-Botschaft empfangen und neun Stunden lang festgehalten worden, berichtete die argentinische Tageszeitung Página 12 am Dienstag. Anschließend habe die Regierung den Diplomaten zur »Persona non grata« erklärt und aufgefordert, das Land innerhalb von 48 Stunden zu verlassen. Offenbar habe Jatar Díaz nicht bemerken sollen, was Washington und Mileis Regierung längst vereinbart hatten, nämlich das Flugzeug in die USA zu überführen, ohne das für eine Woche später angesetzte Gerichtsverfahren abzuwarten, so die Zeitung.

Emtrasur hatte das 36 Jahre alte Flugzeug – nur durch Betanken mit günstigem venezolanischem Treibstoff wirtschaftlich rentabel – gekauft, um im Frachttransport unabhängig zu werden. Unter anderem wurden damit während der Pandemie Impfstoffe transportiert. Später schloss die Gesellschaft einen Vertrag mit VW in Mexiko ab. Die USA selbst räumten ein, dass der Jumbo nie mit Waffen oder Sprengstoff beladen wurde, seitdem er Eigentum Venezuelas ist. Dies zeigt, dass es nicht um die Boeing geht, die in einer der Wüsten verrotten wird, in denen die USA ihr Kriegsmaterial entsorgen, sondern um Macht und Politik. »Für Washington geht es darum, den Anspruch durchzusetzen, Venezuela und – im weiteren Sinne – den Iran, zu sanktionieren. Und wie vorauszusehen war, ist die Regierung von Milei bereit, sich zu fügen«, kommentierte Página 12.

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