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Aus: Ausgabe vom 14.02.2024, Seite 6 / Ausland
Kolumbien

Petro macht Dampf

Kolumbien: Friedensgespräche auch mit Guerilla »FARC-EP – Zweites Marquetalia«
Von Julieta Daza, Caracas
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Auch Übersinnliches soll beim Friedensprozess helfen: Ritual während eines UN-Besuchs am Samstag in Buenaventura

Es ist ein wichtiger Schritt auf dem schwierigen Weg zu einem würdevollen Frieden: Am vergangenen Freitag (Ortszeit) haben die progressive Regierung Kolumbiens und die Guerillaorganisation »FARC-EP – Zweites Marquetalia« in einer gemeinsamen Erklärung die Aufnahme von Friedensgesprächen angekündigt. Diese wurde demnach bei einem Treffen zwischen dem im November vergangenen Jahres neu ernannten Friedensbeauftragten Otty Patiño und Comandante Iván Márquez beschlossen.

Márquez vertritt die Führung der Guerillaorganisation »Zweites Marquetalia« und der ihr angehörenden Gruppen »Coordinadora Guerrillera del Pacífico« und »Comandos de la Frontera«. In den vergangenen Jahren war er schon mehrmals von den bürgerlichen Medien Kolumbiens offensichtlich falsch für tot erklärt worden. Die FARC-EP war 2019 gegründet worden und hatte sich aus Enttäuschung über die Umsetzung des Friedensabkommen der damaligen rechten Regierung von Juan Manuel Santos dem bewaffneten Kampf verschrieben.

Im Dokument, das neben Patiño und Márquez auch vom venezolanischen Botschafter in Kolumbien, Carlos Martínez Mendoza, als Zeuge unterzeichnet ist, bitten beide Seiten die Regierungen Kubas, Venezuelas und Norwegens um ihre Unterstützung beim Friedensprozess. Geeinigt wird sich darin auf dessen förmliche Einleitung und eine Deeskalation des Konflikts durch Verbesserungen der sozialen und ökonomischen Situation der betroffenen Gegenden. Umrissen wird weiter das gemeinsame Interesse, Friedenszonen an den Grenzen Kolumbiens zu errichten, in denen die lokale Wirtschaft, der Schutz der Natur und die Rechte der dortigen Gemeinden gefördert werden sollen. Auch die Integration und Freundschaft zu den Völkern der Nachbarstaaten soll gestärkt werden. Wie bereits in ihrem Gründungsmanifest aus dem Jahr 2019 distanziert sich die Guerilla von den Praktiken der Entführungen und der Erpressung von Geschäften der einfachen Bevölkerung. Auch vorgesehen ist, dass das Leben und die Sicherheit derjenigen, die sich dem Friedensprozess verpflichten, garantiert wird.

Relevant an der Erklärung ist, dass die »FARC-EP – Zweites Marquetalia« als »bewaffnete Rebellenorganisation« bezeichnet wird. Dies bedeutet eine Anerkennung ihres politischen Charakters. Noch Ende 2022 als die kolumbianische Regierung ein erstes Dekret erlassen hatte, das einen bilateralen und vorläufigen Waffenstillstand mit der Guerilla regeln sollte, wurde sie als »kriminelle Organisation« eingestuft. Mögliche Gespräche hatten damals nur das Ziel, Mitglieder vor die Justiz zu bringen und die Organisation zu zerschlagen. Der aktuellen Erklärung vorausgegangen waren schon Annäherungsversuche zwischen der Guerilla und dem vorherigen Friedensbeauftragten Danilo Rueda. Als nächste Schritte müssen nun die Agenden der Gespräche und die Verhandlungsprotokolle festgelegt werden. Noch am Tag der Veröffentlichung der Erklärung gab die Regierung Kubas ihre Entscheidung bekannt, den Friedensprozess zu begleiten.

Der mit der »FARC-EP, Zweites Marquetalia« begonnene Friedensprozess, die bereits laufenden Verhandlungen mit der Guerillaorganisation ELN sowie weitere Entspannungssignale zwischen der Regierung und weiteren Gruppen wie »Estado Mayor Central« und rechten Paramilitärs zeigen die Ernsthaftigkeit der Friedenspolitik von Präsident Gustavo Petro. Diese sieht zweierlei vor: einerseits Gespräche mit politischen Organisationen, die das Ziel eines Friedensabkommens verfolgen sowie andererseits Gespräche mit kriminellen Gruppen, die zur gerichtlichen Unterwerfung und Auflösung führen sollen. Die Beschleunigung der Friedensinitiative von Petro lässt sich womöglich auch darauf zurückführen, dass dessen noch verbleibende Amtszeit immer kürzer wird und es bei den anderen Friedensprozessen eher langsam und mit vielen Schwierigkeiten vorangeht.

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