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Leserbrief zum Artikel Gesundheitsmarkt: Gefahren der Globulisierung vom 27.01.2017:

Glaube, Geld, Genesung

(…) In seinem Artikel »Gefahren der Globulisierung« (…) geht Christoph Lammers ausführlich und mit bemerkenswertem Engagement auf die Thematik »Alternativmedizin« ein. Die Homöopathie hat es ihm dabei besonders angetan. Wenn man sich noch nie mit diesem Thema befasst hat, denkt man, die Gesundheit der Menschheit oder zumindest der Deutschen ist massiv bedroht durch Globulis, die aus merkwürdigen Zutaten hergestellt und von dubiosen Gestalten unters Volk gebracht werden. Herrn Lammers scheinen nur leider ein paar Tatsachen entgangen zu sein, die – war ich jedenfalls bisher der Meinung – zum Allgemeinwissen linker und kritisch denkender Menschen gehören sollten. Ihm scheint z. B. nicht bekannt zu sein, dass es vollkommen egal ist, wer welche Medizin verschreibt, wichtig ist, dass der, der sie nimmt, auch an ihre Wirkung glaubt. Das gilt gleichermaßen für Halspastillen, Antibiotika und Globuli. Im Klartext bedeutet das, wenn man fest davon überzeugt ist, Gift gegessen zu haben, bekommt man – nachweisbar – Vergiftungserscheinungen, auch wenn es nur harmlose Placebos waren. Des weiteren ist ihm entgangen, dass im Bereich Homöopathie und Naturheilkunde keine Forschung betrieben wird. Warum ist das so? Ganz einfach. Weil die Pharmakonzerne die Forschung für ihre Mittelchen mehr oder weniger aus Steuergeldern bezahlt bekommen und Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um jede Alternative zu ihren durchaus nicht harmlosen Pillen aus dem Weg zu räumen. Es ist also ziemlich albern zu behaupten, dass die Wirkungslosigkeit der Homöopathie »wissenschaftlich« bewiesen sei.
Ganz besonders rücksichtslose Menschen behandeln ja sogar ihre Haustiere mit diesen ominösen Globuli, anstatt sie beim Tierarzt mit Antibiotika und Kortison vollstopfen zu lassen. Herrn Lammers hat wohl nicht mitbekommen – auch so was, was meiner Meinung nach zum Grundwissen kritischer Menschen gehört –, dass durch die hochgelobte konventionelle Medizin mittlerweile das Wasser weltweit so verseucht ist, dass dadurch in vielen Populationen von Wassertieren Genmutationen und Missbildungen auftreten. Vielleicht sieht Herr Lammers das ja positiv: Wenn ich Halsweh habe, trinke ich einen Schluck Wasser, denn das Berliner Wasser ist von solchen Verunreinigungen massiv betroffen – und schon bin ich gesund. Ja, schön wär's.
Die Tatsache, dass Heilpraktiker sich für ihre Patienten Zeit nehmen, ihnen zuhören und dann auch Geld dafür verlangen, ist für ihn der Gipfel der Frechheit. Wenn man den entsprechenden Absatz durchliest, gewinnt man den Eindruck, Schulmediziner hätten einfach nicht die Möglichkeit, sich verstärkt mir ihren Patienten zu befassen, und würden für Gottes Lohn und nur aus Liebe zum Beruf arbeiten. Geld für ihre Arbeit bekommen laut Herrn Lammers offenbar nur die Scharlatane.
Man könnte noch jede Menge Absurditäten aus diesem Artikel herausgreifen. Aber vielleicht sollte Herr Lammers sich mal mit den Problemen befassen, die durch das Wirken der Ärzteschaft, die so »erfreulich« konventionell arbeitet, und der mit ihnen verbandelten Pharmaindustrie entstehen. Empfehlen kann ich ihm das Buch »Patient ohne Verfügung« von Dr. Matthias Thönis. Ansonsten ist es einfach nur absurd, diesem haltlosen Geschreibe, das, nebenbei gesagt, Bayer, Pfizer und Co. sehr erfreuen wird, zwei Seiten zur Verfügung zu stellen. Es ist mehr als traurig, dass die junge Welt sich mit hochaktuellen Themen wie Tierschutz, Umweltschutz und Alternativmedizin ausgesprochen schwer tut. (…)
Ute Rott
Veröffentlicht in der jungen Welt am 01.02.2017.
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