Rettungsdienst kündigt Betriebsratschef
Von Jessica Reisner
Seit Monaten erreichen die Behörden anonyme wie namentliche Hinweise auf gravierende Missstände beim Reinoldus Rettungsdienst mit Sitz in Unna. Die Vorwürfe reichen von Verstößen gegen Arbeitszeitvorgaben und Tarifregelungen bis hin zu unzumutbaren Belastungen für die Beschäftigten. Doch passiert ist kaum etwas. Whistleblower, die mit Klarnamen auftraten, berichten sogar, dass zugesagte Prüfunterlagen von den zuständigen Ämtern nicht einmal angefordert wurden.
Mittlerweile haben Beschäftigte eine Strafvereitelung im Amt schriftlich als Verdacht geäußert. Das Schreiben liegt der jW-Redaktion vor. Dabei ist Reinoldus eine gemeinnützige, also steuerbegünstigte GmbH. Und in einem hochsensiblen Bereich der Gesundheitsversorgung tätig. Etwas Bewegung scheint nun aber doch in den Fall zu kommen.
Der Kreis Unna hat die Rettungswachen in Holzwickede und Fröndenberg neu ausgeschrieben. Zuvor wurden sie im Rahmen einer Interimsausschreibung von Reinoldus betrieben. Die Neuausschreibungen wurden erst im Dezember 2025 veröffentlicht – und waren lediglich 48 Stunden gültig. Der kurzfristige Handlungsbedarf, so heißt es von seiten des Kreises Unna auf Nachfrage von jW, sei entstanden, weil Reinoldus das Auftragsverhältnis neu habe regeln wollen. Der Zuschlag soll laut Angestellten an den Ortsverein Schwerte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) gegangen sein. Ob die Mitarbeiter dort zu gleichen Konditionen weiterarbeiten können, ist unklar. Eine jW-Anfrage ließ das DRK Schwerte bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Reinoldus geriet erstmals im Dezember 2024 in die Schlagzeilen, als eine »Todesliste« öffentlich wurde. Mitarbeitende der Rettungswache in Unna-Königsborn hatten darauf Todesfälle während ihrer Dienste vermerkt und zum Jahresende einen Wanderpokal an den Kollegen mit den meisten Verstorbenen vergeben. So makaber dieses Vorgehen ist, macht es vor allem deutlich, wie dringend die Beschäftigten nach belastenden Einsätzen psychologische Unterstützung gebraucht hätten.
Anstatt den Missstand einzuräumen, gab sich Reinoldus-Geschäftsführer Peter Schroeter öffentlich empört und behauptete, von der Liste nichts gewusst zu haben. Der Autorin liegen jedoch eidesstattliche Erklärungen vor, in denen Insider das Gegenteil versichern. Mehr noch: Nach übereinstimmenden Berichten soll Schroeter den Vorfall genutzt haben, um sich gleich vier Betriebsratsmitgliedern zu entledigen, die auf der Wache in Königsborn tätig waren. Ihnen soll er für einen Rücktritt aus dem Betriebsrat in Aussicht gestellt haben, lediglich mit einer Abmahnung davonzukommen.
Einer Rettungssanitäterin, die mit dem Betriebsrat über Schroeters Kenntnis der Liste gesprochen hatte, kündigte die Geschäftsführung. Das Arbeitsgericht Dortmund hob diese Kündigung jedoch auf und entschied, dass der ausstehende Lohn nachzuzahlen und die Sanitäterin zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen sei. Den inzwischen neugewählten Betriebsrat schwächt Schroeter weiter, indem er nun versucht, auch dem Betriebsratsvorsitzenden zu kündigen.
Zu den Behörden, an die sich Beschäftigte und Insider in den vergangenen Monaten gewandt haben, zählen unter anderem die Staatsanwaltschaft Dortmund, das Amtsgericht Dortmund, die Bezirksregierung Arnsberg, der Kreis Unna, die Arbeitsagentur Düsseldorf sowie das Landesamt zur Bekämpfung von Steuerdelikten. Die Finanzbehörden teilten auf jW-Anfrage lediglich mit, das Steuergeheimnis lasse keine Auskünfte zu, man gehe Hinweisen jedoch gesetzlich nach. Nach Angaben von Hinweisgebern sollen die angebotenen Unterlagen allerdings nie angefordert worden sein.
Der Kreis Unna erklärt, man habe zwar Prüfungs- und Kontrollmaßnahmen eingeleitet, jedoch ohne Ergebnis. Zugleich betont die Verwaltung, lediglich für die Sicherstellung eines funktionierenden Rettungsdienstes für die Bevölkerung zuständig zu sein. Die Bezirksregierung Arnsberg überprüfte mehrfach die Arbeitszeiten, nachdem Beschäftigte die hohe Belastung beanstandet hatten. Hinweisen auf mögliche Manipulationen von Unterlagen soll aber trotz entsprechender Meldungen nicht nachgegangen worden sein.
Immerhin: Die Staatsanwaltschaft Dortmund bestätigte auf Anfrage der Autorin, Kenntnis von Schreiben zu Reinoldus zu haben – und diese zu prüfen.
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