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Aus: Ausgabe vom 20.12.2025, Seite 5 / Inland
»Krankenkassensparpaket«

Verordnetes Durchwursteln für Kliniken

Krankenhäuser bekommen 2026 weniger Geld, Beschäftigte bleiben auf der Strecke. Gesetzlich Versicherten sollen Zusatzbeiträge erspart bleiben
Von Gudrun Giese
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Statt kosmetischer Eingriffe fordert die Partei Die Linke eine grundlegende Reform der Finanzierung mit einer solidarischen Gesundheitsversicherung

Kurz vor Jahresende ist das sogenannte Krankenkassensparpaket nun von Bundestag und Bundesrat abgenickt worden. Zuvor hatte der Vermittlungsausschuss beider Kammern einen Kompromiss erarbeitet, der der Bundesregierung Zeit für grundlegendere Änderungen im Gesundheitssektor kauft.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte sich früh darauf festgelegt, dass 2026 die Zusatzbeiträge für die gesetzlich Krankenversicherten nicht steigen sollen. Das stieß bei den Versicherungen auf Kritik, da die Kosten in allen Sektoren des Gesundheitswesens, ob bei Krankenhäusern, Arzneimitteln oder Verwaltung, weiter gestiegen seien. Anfang November hatte Warken ein »Pflegekompetenzgesetz« vorgelegt, in dem das »Sparpaket« für die Krankenversicherung enthalten war. Der Entwurf scheiterte Ende November im Bundesrat, weil die Krankenhäuser aus Sicht der Bundesländer mit den Vorschlägen übermäßig belastet worden wären. Für die Krankenhausfinanzierung sind die Bundesländer zuständig. Nach dem Scheitern rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an.

Der vom Bundesrat durchgewunkene Kompromissvorschlag verschiebt mit 1,8 von insgesamt zwei Milliarden einzusparenden Euro für 2026 den Löwenanteil dennoch auf die Kliniken. Für sie soll im kommenden Jahr die »Meistbegünstigungsklausel« ausgesetzt werden, wodurch sich der Kostenrahmen verkleinert, nach dem die Krankenhausleistungen vergütet werden. Doch soll es zunächst bei dieser einmaligen Einsparung bleiben. Auf die Finanzausstattung der Kliniken in den Folgejahren habe die Kürzung keine Auswirkung, hieß es am Donnerstag im Deutschlandfunk. Im Gegenteil: Laut Bundesrat soll für 2027 wieder ein erhöhter Vergütungswert für Krankenhausleistungen gelten. Die Bundesregierung sicherte zudem in einer Protokollerklärung zu, diese erhöhte Honorierung auch auf psychiatrische und psychosomatische Kliniken anzuwenden. Lobend äußerte sich die Thüringer Gesundheitsministerin Katharina Schenk (SPD) zum »Kompromiss«. Eine nachhaltige Schädigung der Krankenhäuser sei durch die Entscheidung abgewendet worden. Es habe sich letzten Endes die Erkenntnis durchgesetzt, dass die geplante »Krankenhausreform« nicht vorankommen könne, wenn gleichzeitig neue Finanzierungslücken aufgerissen würden.

Neben dem dicksten Sparbrocken von 1,8 Milliarden Euro, den die Krankenhäuser im kommenden Jahr stemmen müssen, werden die Mittel um jeweils 100 Millionen Euro beim Innovationsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung sowie bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen reduziert. Auf diese Weise soll den gesetzlich Versicherten die nächste Erhöhungsrunde der Zusatzbeiträge erspart werden. Allerdings haben bereits einige der Krankenkassen angekündigt, diese Beiträge über den für 2026 vereinbarten Durchschnittswert von 2,9 Prozent hinaus anzuheben. Aus Sicht der Krankenversicherungen reicht das nun verabschiedete zwei Milliarden Euro schwere »Sparpaket« nicht aus, um weitere Erhöhungen abzuwenden.

Kein gutes Haar an dem gefundenen Kompromiss ließ die Bundestagsfraktion Die Linke. Ihr Sprecher für Gesundheitsökonomie, Ates Gürpinar, bezeichnete ihn als »Mist«. Denn im Kern bedeute die Einsparung nichts anderes, als dass »den Krankenhäusern im nächsten Jahr – wie von der Regierung geplant – 1,8 Milliarden Euro fehlen werden«. Verantwortlich für die Misere sei die Bundesgesundheitsministerin, die sich viel zu spät und dazu noch unabgestimmt um die zugespitzte Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung gekümmert habe. Deshalb sei sie auch allein verantwortlich für die lange ungeklärten Planungsgrundlagen für Krankenkassen und Kliniken. »Das alles erschwert die Situation der Beschäftigten und der Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind.« Zugleich bringe die Mittelkürzung, mit der die Krankenhäuser nun so stark belastet werden, für die gesetzlich Versicherten kaum etwas: Gerade einmal um 0,1 Prozentpunkte werde der Anstieg der Kassenbeiträge durch den Bund-Länder-»Kompromiss« gedämpft; das entspreche durchschnittlich 1,39 Euro monatlich. Statt solcher kosmetischen Eingriffe sei eine »grundlegende Reform der Finanzierung mit einer solidarischen Gesundheitsversicherung, ohne Beitragsbemessungsgrenze und mit der Einbeziehung aller Einkommensarten« dringend nötig.

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