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Aus: Ausgabe vom 15.12.2025, Seite 7 / Ausland
Imperialismus

Strategie der Plünderung

Venezuela: Protest gegen Kaperung von Öltanker durch US-Armee. Weißes Haus kündigt Angriffe an Land an
Von Volker Hermsdorf
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»Venezuela gewinnt immer«: Demonstration gegen die US-amerikanische Kanonenbootpolitik in Caracas, 13. Dezember 2025

Zehntausende Menschen sind am Wochenende in Venezuela auf die Straße gegangen, um gegen die Entführung eines Öltankers durch die USA zu demonstrieren. In Caracas und in zahlreichen Bundesstaaten verurteilten Demonstranten die Beschlagnahme als kriminellen Akt der Piraterie unter dem Sternenbanner. Sie forderten die Rückgabe der Ladung, den Schutz venezolanischer Handelsschiffe und ein Ende der militärischen Eskalation in der Karibik. US-Streitkräfte hatten am Mittwoch (Ortszeit) den Tanker »Skipper« in internationalen Gewässern gekapert und dessen für Kuba bestimmte Ladung – rund 1,9 Millionen Barrel venezolanischen Rohöls im Wert von 110 bis 120 Millionen US-Dollar – in einen US-Hafen verbracht. Präsident Donald Trump erklärte am Freitag, man werde das Öl »wohl behalten«.

Zusätzliche wirtschaftliche Folgen des Piratenüberfalls sind unmittelbar spürbar. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, sind Venezuelas Ölexporte seit der Nacht-und-Nebel-Aktion deutlich zurückgegangen. Reedereien und Abnehmer reagierten mit Zurückhaltung, aus Sorge, selbst Ziel ähnlicher Angriffe zu werden. Der Schiffverkehr in und aus venezolanischen Gewässern sei nahezu komplett lahmgelegt, etwa elf Millionen Barrel Öl lägen auf festgesetzten Tankern fest, so die Agentur. Einzige Ausnahme seien von der US-Firma Chevron gecharterte Schiffe, die über eine Sondergenehmigung verfügen. Für das ohnehin stark von US-Sanktionen betroffene OPEC-Land, dessen wichtigste Einnahmequelle die Erdölexporte sind, ist das ein empfindlicher Schlag. Nur einen Tag nach der Entführung des Tankers verhängte das US-Finanzministerium neue Sanktionen. Deren Ziel sind sechs Öltanker und deren Reedereien, hieß es. Mit den Behinderungen will Washington die Wirtschaft Venezuelas schwächen, um die Versorgung der Bevölkerung einzuschränken und so Unzufriedenheit gegenüber der Regierung des gewählten Präsidenten Nicolás Maduro schüren.

Das Schurkenstück vom vergangenen Mittwoch dürfte deshalb nur der Auftakt zu weiteren Raubzügen gewesen sein. Auf die Frage nach seinen Plänen im Umgang mit venezolanischem Öl erklärte Trump am Freitag: »Wir sollten das ein wenig geheimhalten.« Er bekräftigte zugleich aber, dass die USA »bald« auch mit »Angriffen an Land« beginnen werden. Das seien dann aber »keine Angriffe auf Venezuela«, behauptete Trump, sondern »Angriffe auf schreckliche Menschen, die Drogen bringen und unsere Leute töten«. Während der US-Präsident seine Drohungen – wie üblich – relativierte, fordert die von Washington geförderte Oppositionspolitikerin María Corina Machado offen eine US-Invasion. Dass der Angriff auf den Tanker »Skipper« gleichzeitig mit der Verleihung des Friedensnobelpreises an die ultrarechte Kriegsbefürworterin erfolgte, spricht nach Ansicht von Beobachtern für eine mediale Inszenierung.

Während westliche Medien lang und breit über Machados verspätete Ankunft und ihren Auftritt in Oslo berichteten, fielen Meldungen über die internationale Verurteilung der Tankerentführung spärlich aus. China verurteilte die Aktion als »direkten Verstoß gegen das Völkerrecht« und warnte vor Instabilität auf den globalen Energiemärkten. Der Iran sprach von »Piraterie«, Kuba von einem »schwerwiegenden Verstoß« gegen internationale Seerechtsübereinkommen. Die Bewegung der blockfreien Staaten, der 120 Länder angehören, verurteilte die »illegale imperialistische Aktion«. Auch das südamerikanische Bündnis ALBA sprach von »offensichtlicher Piraterie« und einem direkten Angriff auf die Souveränität Venezuelas. Der Übergriff füge sich, so ALBA, in eine Strategie der Plünderung ein, zu der auch die seit Jahren andauernde Konfiszierung der Vermögenswerte von Citgo gehöre – einer in Houston ansässigen Tochtergesellschaft der venezolanischen staatlichen Ölgesellschaft PDVSA.

Angesichts der Eskalation rief Venezuelas Vizepräsidentin und Ölministerin Delcy Rodríguez die Beschäftigten der Ölindustrie am Wochenende zur Wachsamkeit und »höchsten Alarmbereitschaft« auf. Man rechne mit gezielten Sabotage- und Cyberangriffen auf Förderanlagen, Raffinerien und Logistiksysteme, erklärte sie. Gleichzeitig werde an Notfallplänen gearbeitet, um den Export – etwa nach China – aufrechtzuerhalten. Verteidigungsminister Vladimir Padrino López warnte zugleich, die USA würden einen Krieg in Lateinamerika und der Karibik vorbereiten. Der Einsatz von Kriegsschiffen, Kampfjets und Truppen, verbunden mit psychologischen Drohungen, diene nicht der Drogenbekämpfung, sondern einzig dem Ziel, Venezuelas Ressourcen zu kontrollieren.

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