Piraten der Karibik
Von Jörg Kronauer
Die US-Oligarchie geht zu dem über, was ihre offenbar neuen Vorbilder, Warlords am Horn von Afrika, vor Jahren begonnen haben, und steigt in die Piraterie ein. Am Mittwoch enterten schwerbewaffnete US-Militärs, sich im Stil billiger Actionfilme von Hubschraubern abseilend, einen nahe der Küste Venezuelas kreuzenden Erdöltanker und beschlagnahmten ihn. Laut US-Medienberichten handelt es sich um den Tanker »Skipper«, der im November in Venezuela 1,1 Millionen Barrel Erdöl an Bord genommen und sich nun auf dem Weg nach Kuba befunden haben soll. Zur Begründung teilte US-Justizministerin Pam Bondi mit, das Schiff stehe auf einer US-Sanktionsliste, weil es bereits in der Vergangenheit mit Sanktionen belegtes Öl aus Iran und Venezuela transportiert habe. US-Präsident Donald Trump bestätigte die Beschlagnahme, während er in Washington ein neues US-Visaprogramm startete: Für eine Million US-Dollar kann man jetzt ein »Gold«-, für fünf Millionen ein »Platin«-Visum bekommen. Wer keine Million übrig hat, wird abgeschoben.
Venezuela, das seine Erdöleinkünfte zur Finanzierung der Einfuhr von Nahrungsmitteln und Medikamenten benötigt, protestierte gegen den US-Angriff auf den Öltanker. Es handele sich um »einen dreisten Raubüberfall und einen Akt internationaler Piraterie«, stellte das Außenministerium in Caracas fest. Das trifft juristisch zu: Das internationale Recht garantiert auf hoher See die Freiheit der Seefahrt. US-Sanktionen wie diejenigen gegen iranisches oder venezolanisches Öl gelten dort ohnehin nicht. Die USA haben in der Vergangenheit bereits iranische Öltanker beschlagnahmt, zuletzt etwa die Biden-Regierung im Frühjahr 2023. Auch die EU diskutiert über eine etwaige Beschlagnahmung von Tankern mit fremdem – russischem – Erdöl in der Ostsee, wenngleich sie in der Praxis noch etwas zögert. Dass die USA nun allerdings dazu übergehen, auch venezolanische Tanker zu entführen, ist neu.
Der Angriff auf den Öltanker und seine Verschleppung erfolgten am selben Tag wie die Verleihung des »Friedens«-Nobelpreises an die ultrarechte venezolanische Politikerin María Corina Machado, die offen für den Sturz von Präsident Nicolás Maduro durch eine US-Invasion eintritt. US-Insider gehen davon aus, dass weitere Überfälle auf Tanker mit venezolanischem Öl folgen; Reuters berichtete von mehr als 30 Schiffen, die als »gefährdet« gälten. Um den Beginn einer vollständigen Erdölblockade handelt es sich trotzdem nicht: Nach wie vor ist der US-Konzern Chevron in Venezuela aktiv und organisiert dort für satten Profit den Export venezolanischen Öls in die Vereinigten Staaten. Unklar ist zudem, ob die Trump-Administration es wagt, auch Tanker nach China, wohin der Großteil der venezolanischen Ölexporte geht, zu rauben.
Der Übergang zur Piraterie gibt einen weiteren Vorgeschmack auf die Umsetzung der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie der USA, die ein offizielles Revival der Monroe-Doktrin mit einem nicht näher definierten »Trump-Zusatz« vorsieht. Bislang ist klar, dass sie einen erheblichen Ausbau der US-Militärpräsenz in der Karibik sowie Angriffe mit Raketen auf angebliche Drogenschiffe umfasst; dabei kamen allein bis Mitte November mindestens 83 Zivilisten zu Tode, darunter Fischer aus Kolumbien. Trump kündigte beim Start seines »Gold«-Visaprogramms an, es würden »noch andere Dinge geschehen«. Gut 15.000 US-Militärs halten sich vor Venezuelas Küste für einen etwaigen Angriffskrieg bereit.
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