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Aus: Ausgabe vom 04.12.2025, Seite 4 / Inland
Rentenreform der Regierung

Rettung von links

Wenn die Unionskollegen bocken, hilft Die Linke gerne aus: Per Enthaltung will die Fraktion das Rentenpaket der Koalition sichern
Von Kristian Stemmler
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Wer wird gerettet? Bundeskanzler Friedrich Merz (l.) und Konsorten (Berlin, 28.11.2025)

High Noon hieß am Mittwoch die Devise bei der Unionsfraktion. Bis um 12 Uhr mittags, so hatte es Fraktionschef Jens Spahn (CDU) verfügt, sollten sich diejenigen unter den 208 Abgeordneten von CDU und CSU bei der Fraktionsführung melden, die am Freitag dem mit der SPD ausgehandelten Rentenpaket im Bundestag ihre Zustimmung verweigern wollen. Doch kurze Zeit später war es schon egal, wie viele der 18 Abgeordneten der sogenannten Jungen Gruppe in der Union, die bis zuletzt gegen den Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) polemisiert hatten, sich bei Spahn gemeldet hatten – die Rettung für die Bundesregierung kam mal wieder von links.

Die Fraktion Die Linke kündigte am Mittwoch mittag an, sich bei der Abstimmung über das Rentenpaket am Freitag enthalten zu wollen – hilft also nicht zum ersten Mal der Union aus der Bredouille und verhindert eine Krise der »schwarz-roten« Koalition. Im Bundestag gibt es 630 Sitze. Sind alle Abgeordneten anwesend, braucht es eine einfache Mehrheit für den Gesetzentwurf, also 316 Jastimmen. Wenn sich die 64 Abgeordneten der Linkspartei enthalten, braucht es nur noch 283 Jastimmen. Die Regierung hätte damit eine komfortable Mehrheit – selbst, wenn es mehr Abweichler gibt als bisher bekannt.

»Wir werden nicht akzeptieren, dass das Rentenniveau noch weiter gedrückt wird, und haben uns als Fraktion deshalb entschlossen, uns bei der voraussichtlich am Freitag anstehenden Abstimmung zum Rentenpaket der Regierung zu enthalten«, erklärte die Linke-Fraktionschefin Heidi Reichinnek. »An uns wird es somit nicht scheitern, dass das Rentenniveau stabilisiert wird.« Die Union und insbesondere die Junge Gruppe hätten »in den letzten Wochen ein Machtspielchen auf dem Rücken von Millionen Rentnerinnen und Rentnern im ganzen Land ausgetragen«, führte Reichinnek aus. Es sei »absolut schäbig«, dass die Union den Rentnern »nicht einmal die Butter auf dem Brot gönnt«. Dass nach den umstrittenen Regierungsplänen zumindest das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisiert werden solle, sei »wirklich das absolute Minimum«, sagte sie. Die Linke fordert eine Anhebung auf 53 Prozent.

Bevor es zu dieser Wende kam, hatte es noch einige Aufregung um eine Ankündigung der Unionsfraktion gegeben. Als Zugeständnis an die internen Gegner des Rentenpakets wollte die Koalition einen begleitenden Entschließungsantrag ins Parlament einbringen. Darin sollte etwa der Auftrag für die geplante Rentenkommission formuliert werden. Laut Spiegel online teilte ein Sprecher der Unionsfraktion am Mittwoch aber mit, ein solcher Antrag sei aktuell nicht vorgesehen. »Die Rentenkommission wird noch im Dezember vom Bundeskabinett eingesetzt«, hieß es. Eine Beschlussfassung des Bundestages brauche es dazu nicht.

Viele der jungen Abgeordneten von CDU und CSU reagieren auf diesen Vorgang empört. Man sei fassungslos, sagte ein Abgeordneter der Jungen Gruppe laut Spiegel online. Viele Mandatsträger hätten aus der Presse erfahren, dass der Antrag zurückgenommen werde. Bis gestern sei dieser noch als »großer Erfolg der Jungen Gruppe« verkauft worden.

Der Streit um das von Union und SPD ausgehandelte Rentenpaket beschäftigt die Öffentlichkeit bereits seit Wochen. Von der Jungen Gruppe wird er als Generationenkonflikt inszeniert. Zu ihr zählen 18 Abgeordnete, die zu Beginn der Legislaturperiode höchstens 35 Jahre alt waren. Ihr zentrales Argument: Der Gesetzentwurf verursache Mehrkosten von mehr als 100 Milliarden Euro, weil das Rentenniveau, das bis 2031 auf 48 Prozent festgeschrieben werden soll, nicht schon 2032 wieder auf 47 Prozent abgesenkt wird. Mit ihrem Widerstand gegen das Rentenpaket ist die Junge Gruppe auf einer Linie mit den Kapitalverbänden. Und so hat ihr Vorstoß offenbar wenig mit einem Generationenkonflikt und viel mit einer neoliberalen Agenda zu tun, die in weiten Teilen der Union nach wie vor vertreten wird.

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