Konnte die Regierung Verbesserungen durchsetzen?
Interview: Thorben Austen
Die Regierungszeit der honduranischen Präsidentin Xiomara Castro endet, an diesem Sonntag wird neu gewählt. Angetreten war sie mit dem Versprechen, das Land neu zu gründen. Konnte sie soziale Verbesserungen durchsetzen?
Als Xiomara Castro die Regierungsgeschäfte übernahm, war Honduras ein zerstörtes Land. Sie hatte die Aufgabe, diese Schäden zu reparieren. Das Gesundheitssystem ist zumindest etwas effizienter geworden, es wurden acht Krankenhäuser neu gebaut oder renoviert. Das Bildungssystem wurde reformiert und verbessert. In der Infrastruktur hat die Regierung mit dem Programm »Camino Productivo«, produktiver Weg, Straßen verbessert oder gebaut. Damit wächst die Lebensqualität in den ländlichen Gemeinden. Ich lebe zum Beispiel in einem Landkreis, der eine neue Straße bekommen hat. Das stärkt die Ökonomie, vor allem im Tourismus. Insgesamt entwickelt sich die Wirtschaft vor allem im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen positiv. Die Regierung stellt Strom für eine Million Menschen kostenlos zur Verfügung. Ich bin eine der Begünstigten. Früher habe ich umgerechnet rund 30 US-Dollar für Strom bezahlt. Das bedeutet also für viele Menschen mehr Geld für Essen und weiteres.
In Ihrer Forschung haben Sie auch die Situation von Menschen mit Behinderungen untersucht. Wie hat sich die verändert?
Erstmals in der Geschichte wird aktuell eine Volkszählung angestrebt, die erfassen soll, wie viele Menschen mit Behinderungen es im Land gibt und wo sie leben. Bereits im vergangenen Jahr wurde ein wichtiges Gesetz für Menschen mit Behinderungen auf den Weg gebracht, das leider bisher nicht durch den Kongress kam. Ich lebe selbst mit einer Behinderung. Meine Medikamente bekomme ich jetzt geliefert, früher musste ich in die Hauptstadt fahren und sie dort kaufen.
Was kritisieren Sie an der Regierung Castros?
Die Korruption ist nicht beendet. Sie kommt vielleicht nicht mehr direkt von oben, sondern eher durch einzelne Funktionäre, wie ein aktueller Korruptionsskandal im Staatssekretariat für soziale Entwicklung belegt. Außerdem hat die Familie der Präsidentin, die Familie Zelaya-Castro, zuviel Einfluss in staatlichen Strukturen. Verschiedene Verwandte der Präsidentin sind in hohen Staatsämtern.
Ein zentrales Versprechen Castros, die Schaffung einer UN-Kommission gegen Korruption und Straflosigkeit in Honduras, kurz CICIH, wurde nicht realisiert. Warum?
Die Schaffung einer CICIH war eine Forderung sozialer Bewegungen seit 2015. Castro hat das übernommen. In ihrer Regierungszeit wurde aber klar, dass dies schwierig zu realisieren ist, da es eine multilaterale Entscheidung gewesen wäre. In diesem Fall fühle ich mich von Castro nicht betrogen; die Entscheidung, die CICIH nicht zu installieren, ist in Ordnung. Wir hätten unsere Souveränität teilweise verloren. Wir müssen das Problem der Korruption selbst in den Griff bekommen.
Die Regierung hat Anfang des Monats die Arbeit des Parlaments für diese Legislaturperiode beendet und eine Kommission eingesetzt, die bis zum neuen Kongress die Legislative vertritt. Das ist zwar verfassungsrechtlich gedeckt, wirkt trotzdem undemokratisch, weil Vertreter der Opposition fast nicht vertreten sind. Warum erfolgte dieser Schritt?
Die Abgeordneten der Nationalen und der Liberalen Partei haben die Linie vertreten, alle Vorschläge der Regierung mit ihrer einfachen Parlamentsmehrheit zu blockieren. Beispielsweise auch das Gesetz für Menschen mit Behinderungen, wo es nun wirklich nicht um Parteienpolitik geht, sondern um konkrete Verbesserungen für die betroffenen Menschen.
Die anstehende Wahl könnte zwischen Rixi Moncada für die Regierungspartei und Salvador Nasralla von der Liberalen Partei entschieden werden. Womit rechnen Sie?
Gewinnt Moncada, habe ich die Hoffnung, dass der soziale Reformprozess fortgesetzt und ausgebaut wird. Gewinnt Nasralla, denken ich und viele Freundinnen und Freunde ans Auswandern. Wir verteidigen die Menschenrechte. Es ist zu befürchten, dass Nasralla eine ähnlich harte Repressionspolitik fahren wird wie Nayib Bukele im Nachbarland El Salvador.
Wendy Liz Aguilar ist Sozialarbeiterin und forscht zur sozialen Lage in Honduras
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