Surinames langer Weg
Von Gerrit Hoekman
Am Dienstag hat Suriname zum 50. Mal den »Srefidensi Dey« gefeiert. Am 25. November 1975 erlangte der südamerikanische Staat offiziell seine Unabhängigkeit von der niederländischen Kolonialmacht. Der Impuls war damals allerdings nicht von der einheimischen Bevölkerung ausgegangen, sondern von den Niederlanden. An den jetzigen Feierlichkeiten nahm auch deren kommissarisch amtierender Ministerpräsident Dick Schoof teil. Das Königspaar wird am 1. Dezember zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Suriname eintreffen.
Unabhängig werden sei, wie bei den Eltern auszuziehen, zitierte der niederländische Sender NPO Radio 1 am Dienstag einen Surinamer. Ein guter Vergleich, wenn man davon absieht, dass nur wenige Eltern ihren Nachwuchs so rigoros zum Auszug drängen, wie es die Niederlande mit Suriname taten. »Suriname ist das einzige Land weltweit, das zur Unabhängigkeit aufgefordert wurde und für seine Zustimmung Geld erhielt«, erinnerte die surinamesische Tageszeitung De Ware Tijd am Montag in ihrer Onlineausgabe an den 25. November 1975. Die Niederlande zahlten der ehemaligen Kolonie 3,2 Milliarden Gulden als Starthilfe oder umgerechnet etwa 1,2 Millionen US-Dollar.
Nach der überraschenden Unabhängigkeit floh mehr als die Hälfte der Menschen aus Angst vor ethnischen Unruhen. Von den etwas mehr als 600.000 Einwohnern haben 37,4 Prozent ihre Wurzeln in Afrika. Ihre Vorfahren waren als Sklaven verschleppt worden. Hinzu kommen indische Hindus, muslimische Indonesier und buddhistische Chinesen, die allesamt nach dem Ende der Sklaverei als Vertragsarbeiter angeworben worden waren. Die Einwohner Surinames, die bereits vor der Kolonialisierung da waren, machen heute nur noch etwa vier Prozent der Bevölkerung aus. »Offenbar waren die Politiker jener Zeit nicht ausreichend gebildet, um zu erkennen, dass ein unabhängiges Land auch eine Gesellschaft mit einem gemeinsamen Ziel benötigt«, stellte De Ware Tijd fest. »Andernfalls hätten sie alles darangesetzt, die Unabhängigkeit zur Verantwortung aller zu machen, beispielsweise durch ein Referendum.«
1980 putschte das Militär. Angeblich sollen die Niederlande die Putschisten unter Führung des inzwischen verstorbenen Desi Bouterse angestiftet, unterstützt und belohnt haben. Nach der außergerichtlichen Hinrichtung von 15 Oppositionellen im Dezember 1982 stoppte die frühere Kolonialmacht die Entwicklungshilfe. In der Folge florierten Bereicherung, Korruption und Drogenhandel. Ausländische Firmen sicherten sich Schürfrechte für Gold und andere Bodenschätze. Der Staat begnügte sich jeweils mit einer lächerlich geringen Beteiligung am Gewinn.
Der Großteil der Bevölkerung versank in Armut. Laut den Jahresberichten der Zentralbank von Suriname sank das Pro-Kopf-Einkommen nach 2015 um 55 Prozent, obwohl die Exporterlöse über dem Niveau von vor 2010 lagen. An der Gesamtsituation hat sich bis heute wenig geändert. Im November 2019 griff die Regierung unrechtmäßig auf die von der Zentralbank verwalteten Reserven privater Banken zurück. Diese Reserven sollten die Bürger im Fall eines finanziellen Kollapses ihrer Bank zumindest teilweise schützen. Der Chef der Zentralbank kam 2020 ins Gefängnis.
Manche in Suriname hoffen, dass die Entdeckung eines riesigen Ölfeldes vor der Küste das Land und seine Bevölkerung in ein rosiges Zeitalter führt. Pessimisten gehen aber davon aus, dass auch dieses Geld irgendwo versickert. Die meisten, die Suriname noch kurz vor der Unabhängigkeit 1975 Hals über Kopf verließen, wanderten in die Niederlande aus. Etwa 40.000 kauften laut der öffentlich-rechtlichen niederländischen NOS ein One-Way-Ticket nach Schiphol. »Die Niederlande waren überrascht von der großen Zahl der ankommenden Surinamer; die Integration verlief nicht reibungslos, und viele Surinamer hatten Schwierigkeiten, sich einzuleben«, erinnerte sich der Migrationsforscher Jaco Dagevos am Montag gegenüber NOS. In den Niederlanden habe sich die Sorge vor mehr Kriminalität, Drogenproblemen, Arbeitslosigkeit und ethnischen Spannungen breitgemacht. »Heute – fünfzig Jahre später – geht es dieser Gruppe sehr gut. Das Bildungsniveau ist gestiegen, und insbesondere die zweite Generation ist eine Erfolgsgeschichte. Der Anteil der Erwerbstätigen ist dort sogar etwas höher als in der Gesamtbevölkerung«, berichtete Dagevos.
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