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Aus: Ausgabe vom 22.11.2025, Seite 3 / Ansichten

Francos Erben

Spanien: Gericht stürzt Staatsanwalt
Von Carmela Negrete
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Der Chefankläger vor Gericht: 50 Jahre nach Francos Tod ist der Franquismus quicklebendig (Madrid, 3.11.2025)

Ein Akt mit Signalwirkung: Am Morgen des 20. November, dem 50. Todestag Francisco Francos, putschte Spaniens Oberster Gerichtshof. Die Zweite Strafkammer, überwiegend von Richtern besetzt, die der rechte Partido Popular (PP) vorgeschlagen hatte, hat den obersten Staatsanwalt des Landes, vorgeschlagen von den Sozialdemokraten, wegen angeblichen Geheimnisverrats aus dem Amt entfernt.

Beweise? Nicht nötig. Zwei Jahre Berufsverbot, eine Geldstrafe und Entschädigung für das angebliche Opfer: ein korrupter Unternehmer, zugleich Lebensgefährte der Oppositionsführerin Isabel Díaz Ayuso, Präsidentin der Region Madrid. Während des öffentlichen Prozesses sagten gleich mehrere Journalisten aus und entlasteten Generalstaatsanwalt Álvaro García Ortiz. Nicht er habe E-Mails mit geheimen Informationen an die Presse geschickt. Genauere Auskünfte indes verweigerten sie unter Verweis auf den Quellenschutz.

Die Botschaft der Richter: 50 Jahre nach Francos Tod können wir, die Nachfolger des Diktators, gehüllt in demokratisches Gewand, den höchsten Staatsanwalt des Landes ohne jede Beweisgrundlage absetzen. Nachfolger Francos? Der Partido Popular hat die Diktatur nie verurteilt oder sich auch nur offiziell von ihr distanziert. Noch am Donnerstag wurde Franco bei einer Messe in Madrid gehuldigt, die der PP genehmigt hatte. In den Reihen der Partei versammelten sich jahrelang etliche Funktionsträger der Diktatur, wie der während des Franquismus für Zensurfragen zuständige Informationsminister Manuel Fraga Iribarne, der später auf dem Ticket des PP das Amt des Regionalpräsidenten von Galicien ausübte.

Ministerpräsident Pedro Sánchez und sein Kabinett haben sich geirrt. Es war eben kein guter Deal, vor einem Jahr zur Reform des Generalrats der rechtsprechenden Gewalt – des leitenden Organs der spanischen Judikative – das Bündnis mit dem PP einzugehen. Die Annahme der Sozialdemokraten des PSOE war, etwas Ruhe in den Staatsapparat zu bringen, wenn sie weiter so agierten, als gäbe es noch ein Zweiparteiensystem bestehend aus PP und PSOE.

Dieses Zweiparteiensystem existiert aber schon lange nicht mehr. Und beim postfranquistischen PP weiß man, dass eine absolute Mehrheit mit der extremen Rechten von Vox in greifbare Nähe rückt. Während am Moncloa-Palast, dem Regierungssitz, pflichtschuldig »Respekt« für das Urteil bekundet wurde, feiert die Rechte das Ergebnis als ihren Triumph. PP-Chef Alberto Núñez Feijóo forderte sogleich den sofortigen Rücktritt der vom PSOE geführten Regierung, außerdem Neuwahlen.

Dabei könnte die Ausgangslage für die Sozialdemokraten sogar günstig sein. Annähernd die Hälfte der Spanier ist laut Umfragen der Meinung, dass der Franquismus im Justizapparat weiterhin sein Unwesen treibt. Doch der PSOE steht angesichts diverser Korruptionsskandale an der Spitze nicht sonderlich gut da. Francos Erben dürften also bald wieder übernehmen.

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