Letzte Bastion des Tages: U-Bahnhof Jungfernheide
Von Luca von Ludwig
Wenn in der BRD der Chef sagt, das »Stadtbild« gefällt ihm nicht, dann wird das halbe Land in Bewegung gesetzt, um das zu beheben. Sogar die Bundeswehr – (noch) nicht, um auf die migrantischen Stadtbildstörer zu schießen, aber um einfach mal Präsenz zu zeigen. Begrünung des städtischen Raums, wenn man so will, wenn auch olivgrün. Unter dem überhaupt nicht albernen Manövernamen »Bollwerk Bärlin (sic!) III« kroch das sogenannte Wachbataillon in der Nacht auf Dienstag durch den Berliner U-Bahntunnel an der Jungfernheide.
Natürlich nicht nur zu Dekozwecken: In irgendeiner Amtsstube hat irgendein Soldat mit mehr Abzeichen auf der Schulter entschieden, seinen Untergebenen täte es ganz gut, mal so richtig realitätsnah den Einsatz im urbanen Raum zu proben. Sicherlich eine willkommene Abwechslung zum Gänsemarsch durch entlegene Waldstücke. Trainiert wurde, so die Bundeswehr, der Einsatz »gegen irreguläre Kräfte« im »dynamischen urbanen Umfeld«. Das Wachbataillon, muss man dazu wissen, ist im Kriegsfall mit der Verteidigung von Regierungseinrichtungen und wichtigen Personen betraut.
Beherbergt der U-Bahnhof Jungfernheide ein geheimes NATO-Kommandozentrum? Wird unsere Sicherheit jetzt in der U 7 verteidigt? Oder möchten sich namhafte Politiker hier im Ernstfall einbunkern? Vielleicht hatten die Soldaten ja einfach keine Lust auf einen Platz an der Sonne. Man weiß es nicht. Es sollte hellhörig machen, in welchem Maße sich das Militär neuerdings mit dem Krieg im tiefsten Inneren befasst, erst vor kurzem in Norddeutschland das Manöver »Red Storm Bravo« mit einer Übung zur Niederschlagung von zivilem Widerstand. In der Berliner U-Bahn kam der Bundeswehr immerhin nicht die Polizei in die Quere – im oberbayerischen Erding verteidigten die Ordnungshüter ihr Revier jüngst heldenhaft mit der Waffe in der Hand.
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